Mechanische Thrombektomie bei schweren Schlaganfällen eindeutig im Vorteil

Bei einem Schlaganfall kommt es auf möglichst schnelle Behandlung an
Im Jahr 2002 wurde die systemische Thrombolyse in der EU für die Behandlung des Schlaganfalls innerhalb eines Zeitfensters von drei Stunden zugelassen. Ein Nachteil der Behandlung war jedoch, dass es bei Verschlüssen der großen proximalen Hirnarterien wie der distalen Arteria carotis interna und der proximalen Arteria cerebri media nur bei der Hälfte der Patienten zu Verbesserungen kam. Ein wesentlicher technischer Fortschritt war daher die Entwicklung von Katheter-Systemen, mit denen es gelang, ähnlich wie in der Kardiologie eine Thrombektomie durchzuführen. Die ersten drei randomisierten Studien, die diese Therapie untersuchten, verliefen allerdings negativ, was auf einer Vielzahl von methodischen Mängeln dieser Studien beruhte.
In der Folgezeit wurden fünf große randomisierte Studien bei Patienten mit distalen Verschlüssen der Arteria carotis interna und der proximalen Arteria cerebri media begonnen, in denen die systemische Thrombolyse mit einer Thrombolyse und zusätzlicher Thrombektomie mittels eines Stent-Retrievers untersucht wurde. Alle fünf Untersuchungen, an denen insgesamt über 1.200 Patienten teilgenommen hatten, brachten innerhalb eines knappen Jahres positive Ergebnisse, und vier der Studien mussten wegen eindeutiger Überlegenheit der Thrombektomie sogar vorzeitig abgebrochen werden.
"Revolution in der Schlaganfalltherapie"
„Die Ergebnisse sind so klar, dass derzeit von einer Revolution in der Schlaganfalltherapie gesprochen wird“, kommentierte Professor Hans-Christoph Diener, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen, auf dem diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie die Resultate. Mit der mechanischen Thrombektomie wurden Rekanalisationsraten von 70 bis 90 Prozent erreicht, während sie bei der systemischen Thrombolyse im Durchschnitt nur zwischen 40 und 50 Prozent liegen. Die Thrombektomie führte gegenüber der Thrombolyse zu einer 2,42-fach erhöhten Wahrscheinlichkeit, den Schlaganfall nur mit minimalen neurologischen Ausfällen zu überleben.
Auch bezüglich der Sterblichkeit ergab sich ein positiver Trend, und es bestanden bei der mechanischen Thrombektomie keine erhöhten Raten an intrakraniellen Blutungen. Diener erklärte: „Die gesundheitspolitische Herausforderung wird sein, die Versorgung von Schlaganfallpatienten in Stroke Units und Schlaganfallzentren so zu organisieren, dass möglichst viele Patienten von dieser neuen Therapie profitieren. Vor allem gilt es sicherzustellen, dass die rund 10.000 zusätzlichen radiologisch-interventionellen Eingriffe pro Jahr auch wirklich mit der notwendigen hohen Qualität durchgeführt werden können.“
Thrombektomie ist bei großen Gerinnseln der Lyse überlegen
Wenn ein Blutgerinnsel im Gehirn ein Gefäß verschließt, kommt es innerhalb kurzer Zeit zum Absterben von Nervenzellen. Ist das Gerinnsel sehr groß, lässt es sich oft nicht allein durch die Gabe eines gerinnselauflösenden Medikaments, die sogenannte Lyse-Therapie, entfernen. Bei der Thrombektomie werden Blutgerinnsel daher mittels eines Mikro-Katheters mechanisch aus den Hirnarterien gezogen. Zwar konnten erste Studien keinen Vorteil der endovaskulären Therapie gegenüber der intravenösen Thrombolyse zeigen, doch in diesen Studien wurden veraltete Thrombektomie-Systeme eingesetzt, die nach den Ergebnissen von randomisierten Studien den neuen Stent-Retrievern unterlegen sind. Mit neueren Kathetern scheinen die Ergebnisse der Thrombektomie hingegen durchgehend überzeugend zu sein.
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