Ist es die Impfmüdigkeit der Wohlstandsgesellschaften oder der Migrantenstrom Richtung Europa? Vermutlich spielt beides eine Rolle. Nicht nur Deutschland verzeichnet in diesem Jahr erneut Masern-Ausbrüche, auch aus Belgien, Österreich, Italien und Rumänien werden hohe Fallzahlen gemeldet. In Rumänien kam es seit September 2016 bereits zu knapp 3.800 Masernfällen, 17 Menschen starben sogar an den Folgen von Masern. Der Ausbruch dauert fort. In Italien wurden allein im Januar 283 Fälle gemeldet. Fast ebenso viele wurden in Deutschland im Januar und Februar verzeichnet.
WHO besorgt über Europa
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sprach angesichts dieser Zahlen kürzlich von einer besorgniserregenden Situation. Trotz aller Eliminierungsversuche sei die Zahl der Maserninfizierten in Europa gestiegen. „Das macht uns große Sorgen“, erklärte WHO-Regionaldirektorin für Europa Dr. Zsuzsanna Jakab.
Derzeit kommt es in 14 europäischen Ländern zu epidemischen Übertragungen, darunter befindet sich auch Deutschland. „Einige Menschen in Deutschland nehmen die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Standardimpfungen bewusst nicht wahr. Viele versäumen es aber auch einfach, sich um ihren Impfschutz zu kümmern“, sagt Prof. Thomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des CRM Centrums für Reisemedizin.
Masern noch immer unterschätzt
Sorglosigkeit sei bei Masern aber nicht angebracht. Etwa jeder tausendste Patient entwickle eine Lungenentzündung oder eine Entzündung des Gehirns. In einem von zehntausend Fällen komme es zur sogenannten subakuten sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE). „Diese Entzündung des gesamten Gehirns kann noch vier bis zehn Jahre nach einer Masernerkrankung auftreten und verläuft immer tödlich“, warnt der Mediziner.
Menschen, die mit Sicherheit einmal Masern hatten, sind ihr Leben lang immun. Aber niemand sollte es darauf ankommen lassen – wegen der Komplikationen und der Gefahr, andere anzustecken. Masernviren gehören zu den ansteckendsten Krankheitserregern überhaupt und werden hauptsächlich durch das Einatmen infektiöser Tröpfchen übertragen, aber auch durch Kontakt mit Sekreten erkrankter Personen.
Einen wirksamen Schutz bietet die Impfung. Nur wenn mindestens 95 Prozent der Bevölkerung eine vollständige Grundimmunisierung haben, können die Masern ausgerottet werden. Von diesem Ziel scheint Europa weiter entfernt zu sein als denn je.
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