860 Menschen erkrankten in diesem Jahr nach Angaben des RKI bereits nachweislich an dem hochansteckenden Masern-Virus. Im gesamten Vorjahr gab es insgesamt nur 325 Masern-Infektionen. Die meisten Masern-Fälle wurden in Nordrhein-Westfalen gemeldet. Doch auch Sachsen, Berlin und Hessen sind verstärkt betroffen. In Berlin wurden bislang mindestens 61 Erkrankungen festgestellt. Vollkommen masernfrei ist allerdings kein Bundesland. Bereits Anfang des Jahres hatte das RKI bemängelt, dass in Deutschland viele Impfungen – auch die gegen Masern – zu spät oder gar nicht durchgeführt werden.
RKI bemängelt große Impflücken
Den Berechnungen des RKI zufolge waren im Jahr 2013 bundesweit 150.000 Kinder im Alter von 24 Monaten nicht vollständig und weitere 28.000 Kinder gar nicht gegen Masern geimpft. Die größten Impflücken waren dabei in den Ballungsräumen zu verzeichnen. In Dresden, Hamburg, Köln, Leipzig und München hatten im Alter von 24 Monaten jeweils zwischen 2.000 und 4.100 Kinder des Jahrgangs 2013 keinen ausreichenden Masern-Impfschutz, in Berlin sogar 7.300. Die erste Masernimpfung wird für den Altersbereich von 11 bis 14 Monaten empfohlen, die zweite Impfung für 15 bis 23 Monate alte Kinder.
Die Ausbreitung der Masern betrifft auch andere europäische Länder. So wurden die meisten Todesopfer, nämlich 31, in Rumänien verzeichnet. Auch der Masern-Ausbruch in Italien dauert weiter an, wie das CRM Centrum für Reisemedizin berichtet. Bis Ende August 2017 waren in Italien bereits mehr als 4300 Menschen erkrankt. Die Epidemie hat in Italien seit Jahresbeginn bereits zu drei Todesfällen geführt. Um das Problem einzudämmen, hatte die italienische Regierung unter zahlreichen Protesten erst kürzlich eine Impfpflicht gegen zehn Krankheiten beschlossen. Eltern, die sich nicht daran halten, dürfen ihre Kinder nicht mehr in den Kindergarten bringen; sonst drohen Bußgelder in Höhe von 500 bis 1000 Euro. Kinder mit speziellen Vorerkrankungen sind davon nicht betroffen.
Keine Impfpflicht in Deutschland
In Deutschland sollen jedoch nach Auffassung von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe weiterhin keine Pflichtimpfungen eingeführt werden. Vielmehr sei es wichtig, die Maßnahmen zur Erhöhung der Impfbereitschaft durchzusetzen, so der Minister. Eltern müssen in Deutschland bereits jetzt bei der Aufnahme ihrer Kinder im Kindergarten einen Nachweis über eine Impfberatung vorweisen. Mit dem neuen Epidemiologie-Gesetz, das im Juni 2017 vom Bundestag beschlossen wurde, sollen Kitas den Gesundheitsämtern alle Eltern melden, die eine Impfung ihrer Kinder ablehnen.
Noch stärkere Bemühungen im Kampf gegen Masern fordern die Kinderärzte. So will der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte den Besuch von Kindergärten davon abhängig machen, ob Kinder geimpft sind. „Ohne Impfung keine Kita und auch keine andere Bildungseinrichtung“, so BVKJ-Präsident Thomas Fischbach. Auch die FDP fordert eine allgemeine Impflicht für alle Kinder bis 14 Jahre.
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