Masern: Kommt die Impf-Pflicht?
Mehrere Hundert zum Teil schwer Erkrankte vor allem in Berlin und München nimmt der Bundesgesundheitsminister jetzt zum Anlass, eine Impf-Pflicht gegen die gefährliche Infektionskrankheit ins Gespräch zu bringen. In Deutschland hat es zuletzt vor 30 Jahren eine Impf-Pflicht gegeben: Seit 1983 die Pflicht zur Pockenimpfung aufgehoben wurde, gilt hierzulande ein politischer Konsens gegen eine Impf-Pflicht.
Dem Robert-Koch-Institut (RKI) wurden in den ersten sechs Monaten 2013 bereits fünf Mal so viele Krankheitsfälle wie im ganzen Jahr 2012 gemeldet, die meisten in Bayern (388) und Berlin (414). In vielen Ländern sind die Impfraten nicht hoch genug, um die Masern zu eliminieren. Auch wegen Deutschland wurde das Ziel der Weltgesundheitsorganisation WHO, die Masern bis 2010 in der Euroregion zu eliminieren, verfehlt. Neues Ziel ist jetzt das Jahr 2015.
Bahr: Zu niedrige Masern-Impfrate in Deutschland
Bundesgesundheitsminister Bahr wies jetzt darauf hin, dass die Masern in den USA und Skandinavien „de facto ausgerottet“ seien, während in Deutschland die Impfrate nicht hoch genug sei. Bleibe das so, werde die Diskussion über die Impfpflicht kommen, so der Minister.
Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja begrüßt diesen Vorstoß des Bundesgesundheitsministers. Allerdings setze eine solche Verpflichtung zur Impfung sowohl eine gesellschaftliche Debatte als auch eine umfassende medizinisch-fachliche und juristische Prüfung voraus, sagte der Senator der Berliner Morgenpost.
In Berlin sind an der hochansteckenden Infektionskrankheit nach aktuellen Zahlen der Senatsgesundheitsverwaltung in diesem Jahr 414 Menschen erkrankt. Über die Hälfte der Erkrankten sei älter als 16 Jahre, auffällig hoch sei in dieser Gruppe die Zahl der Betroffenen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen.
Gefürchtete Komplikationen
Das Robert-Koch-Institut sieht in einer Schwächung des Immunsystems, die bis zu sechs Wochen andauern kann, eine große Gefahr der Masern. In der Folge der Virusinfektion könnten bakterielle Infektionen wie Bronchitis oder Mittelohrentzündung auftreten, aber auch die besonders gefürchtete akute postinfektiöse Enzephalitis, die zu bleibenden Hirnschäden führen, aber auch tödlich verlaufen kann. Allerdings trete diese Komplikation äußerst selten auf, so das RKI.
Einen lebenslangen Schutz vor Masern hat nur, wer in der Kindheit zwei Mal geimpft wurde. Die Ständige Impfkommission rät allen, die nach 1970 geboren sind, generell zur Masernimpfung, sofern sie gar nicht geimpft sind, nur einmal, oder der Impfstatus unklar ist.
Foto: BMG/ Dedeke