Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Masern-Ausbrüche: Zu wenige Kleinkinder sind geimpft

Freitag, 19. Juli 2013 – Autor:
Die aktuellen Masern-Ausbrüche zeigen, dass die Impfquoten in Deutschland zu niedrig sind. Der Versorgungsatlas hat die Durchimpfungsrate bei Kleinkindern nun erstmals wissenschaftlich dokumentiert - und deckt besorgniserregende Impflücken auf.
Nutzen der Masern Zweitimpfung den meisten unbekannt

Impfskeptiker besonders in alternativ angehauchten Akademikerkreisen

Wie viele Kinder in Deutschland sind gegen Masern geimpft? Bislang fehlten Daten von der wohl wichtigsten Zielgruppe: den Kleinkindern. Diese sollten nämlich den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) zufolge vor Vollendung des zweiten Lebensjahres zweimal gegen Masern geimpft werden. Eine aktuelle Studie des Versorgungsatlas der kassenärztlichen Vereinigungen hat nun wenigstens die Datenlücke geschlossen. Wie Wissenschaftler vom Versorgungsatlas am Mittwoch mitteilten, sind in Deutschland nur 37 Prozent aller Kleinkinder entsprechend den Empfehlungen STIKO gegen Masern geimpft.

Masern-Impfung: Bayern und Berlin und Schlusslichter

Allerdings zeigt die Studie große regionale Unterschiede auf. Bayern, Baden-Württemberg, Berlin und Bremen sind demnach die Schlusslichter auf der Ebene der Bundesländer. Traumquoten hingegen erreicht die Stadt Zweibrücken in Rheinland Pfalz. Hier erhalten dem Versorgungsatlas zufolge 94,8 Prozent der Kleinkinder vor ihrem zweiten Geburtstag die erste Masern-Impfung und über drei Viertel der Kinder die nicht minder wichtige Zweitimpfung. Die 33.000-Einwohner-Stadt erreicht damit zumindest bei der ersten Impfung knapp die Ziel-Quote der WHO von 95 Prozent. Diese Quote ist nötig, um die Masern bis zum Jahr 2015 europaweit auszurotten.

Doch dieses Ziel wird Deutschland auf absehbare Zeit wohl kaum erreichen. Bei der Zweitimpfung gegen Masern, die ebenfalls maßgeblich für den Impfschutz ist, erreicht kein einziger Ort in Deutschland nur annähernd die Ziel-Quote der WHO.

Warum es in einigen Regionen so gewaltige Impflücken gibt, darüber können die Wissenschaftler vom Versorgungsatlas nur spekulieren. Fehlende Informationen über die Bedeutung der zweiten Masern-Impfung scheinen für deren niedrige Quoten mitverantwortlich zu sein, vermuten die Wissenschaftlerinnen vom Versorgungsatlas. „Diese Impfung ist keine „Auffrischungsimpfung“, sondern sorgt dafür, dass jene drei bis fünf Prozent der Kinder, bei denen die erste Impfung nicht anschlägt, nach dieser zweiten Impfung dann doch noch eine Immunität aufbauen kann“, erklärt Maike Schulz. „Bezogen auf die Studienpopulation bedeutet dies, dass zwischen 14.000 und 23.000 Kinder, die eine Erstimpfung bekommen haben, bis zur Zweitimpfung nicht geschützt sind, obwohl die Eltern das denken.“

Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit

Die Studie bestätigt darüber hinaus andere Untersuchungen, denen zufolge die Impfmüdigkeit oder gar Impfskepsis bei Familien mit einem hohen sozioökonomischen Status besonders ausgeprägt ist. Insbesondere spielt die formale Bildung der Mütter eine Rolle: Die Impfwahrscheinlichkeit sinkt bundesweit mit steigender Quote hoch qualifizierter Mütter. „Diese Faktoren können die Unterschiede jedoch nur teilweise erklären“, sagt Dr. Mangiapane. „Auch der Einfluss regional unterschiedlich stark vertretener impfkritischer Ärzte, Heilpraktiker und Homöopathen wirkt sich vermutlich aus.“

Die Wissenschaftler weisen auch daraufhin, dass Masern keine harmlose Kinderkrankheit sind: An Masern sterben bis zu drei von 1.000 betroffenen Kindern. Insbesondere Kinder unter fünf Jahren und Erwachsene über 20 Jahren seien bei einer Infektion von Komplikationen betroffen. Umso fataler die un dokumentierten Impflücken: „Impflücken bei Kleinkindern können beispielsweise in Kindertagesstätten fatale Folgen haben, wenn die Infektion bei einem lokalen Masernausbruch eingeschleppt wird“, sagt Dr. Sandra Mangiapane, die Leiterin Versorgungsatlas.

Die Forscher vom Versorgungsatlas hatten in ihrer Studie die Daten von mehr als 550.000 Kindern ausgewertet, die im Jahr 2008 geboren wurden. Das sind 81 Prozent des gesamten Jahrgangs.

Foto: © kristall - Fotolia.com

Hauptkategorien: Prävention und Reha , Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Masern , Impfen

Weitere Nachrichten zum Thema Masern

Die Zahl der Masernerkrankungen hat sich im Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr innerhalb Europas verdreifacht. Erwartungsgemäß kommen die Masern in den Ländern am häufigsten vor, in denen die Impfquoten besonders niedrig sind. Das ist zum Beispiel in der Ukraine der Fall.

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin