Marfan-Therapie: Losartan kann nicht überzeugen
Nicht immer können vielversprechende Ergebnisse aus ersten Studien im weiteren Verlauf der wissenschaftlichen Forschung bestätigt werden. So erging es jetzt dem Angiotensinblocker Losartan, der Menschen mit Marfan-Syndrom vor einer krankhaften Erweiterung der Aorta schützen sollte. Der Therapieansatz war plausibel, und auch die Resultate aus dem Tiermodell und aus ersten klinischen Studien waren vielversprechend. Doch nun wurde eine größere randomisierte Studie auf der Jahrestagung der American Heart Association in Chicago vorgestellt – und ihre Ergebnisse waren ernüchternd.
Das Marfan-Syndrom ist eine genetisch bedingte Bindegewebserkrankung, und da Bindegewebe überall im Körper existiert, können die Symptome in den verschiedensten Geweben und Organen auftreten. Unerkannt kann die Erkrankung sogar zum plötzlichen Tode führen. Einer von etwa 5000 Menschen leidet am Marfan-Syndrom. Bis heute ist die Krankheit unheilbar und nur begrenzt behandelbar. Typische Merkmale des Marfan-Syndroms sind überlange Gliedmaßen, überdehnbare Gelenke, ein schmaler Kiefer mit schief stehenden Zähnen, eine Trichter- oder Kielbrust und Veränderungen der Wirbelsäule.
Aneurysma der Aorta häufige Folge von Marfan
Die größten Gefahren des Marfan-Syndroms liegen jedoch im Bereich des Herz- und Gefäßsystems. Häufig kommt es zu einer fortschreitenden Erweiterung (Dilatation) der Aortenwurzel, es kann zu Aussackungen (Aneurysmen) und Rissen (Dissektionen) kommen, was schließlich zum Platzen der Aorta führen kann. Veränderungen an den Herzklappen sind Grundlagen für weitere Komplikationen, wie zum Beispiel eine Herzinsuffizienz oder gefährliche Entzündungen der Herzklappen (Endokarditis).
Dennoch haben die von Marfan betroffenen Patienten heute eine fast normale Lebenserwartung, was Experten neben der Möglichkeit einer rechtzeitigen Aortenreparatur auch auf die prophylaktische Therapie mit Betablockern zurückführen, welche die Druckbelastung auf die Aortenwurzel vermindern.
Eine weitere Therapiemöglichkeit schien bis vor Kurzem die Behandlung mit dem Angiotensinblocker Losartan zu sein, der bei Versuchen an Mäusen die Aktivierung des „transforming growth factor beta“ hemmte und damit direkt in die Pathogenese des Marfan-Syndroms eingriff. Auch in einer niederländischen Studie mit 233 Patienten, die teilweise bereits mit einer Aortenwurzelprothese versorgt waren, konnte Losartan die Gefahr der Aortendilatation gegenüber einer Vergleichsgruppe um fast 50 Prozent reduzieren.
Losartan nicht besser als Atenolol
Wider Erwarten konnte nun jedoch eine Studie mit 608 Teilnehmern, die an 21 Zentren in den USA, Kanada und Belgien durchgeführt wurde, die Ergebnisse nicht bestätigen. Die Probanden waren hier deutlich jünger als in der niederländischen Studie, ihre Aortendilatation war jedoch bereits weit fortgeschritten. Untersucht wurde die Wirkung von Losartan als Alternative zum Betablocker Atenolol. Zur Überraschung der Studienautoren waren die Ergebnisse mit Losartan keineswegs besser als mit dem Atenolol.
Die Forscher vermuten als Grund für die unbefriedigenden Ergebnisse, dass das Atenolol relativ hoch und Losartan eher niedrig dosiert war. Zudem sei die Aortendilatation bei der neuen Studie möglicherweise zu weit fortgeschritten gewesen, so die Autoren. Vorerst dürfte jedenfalls die Behandlung mit Betablockern die Therapie der ersten Wahl beim Marfan-Syndrom bleiben.
Foto: National Marfan Foundation