Malaria-Mittel nur mit Beifuß, Luft und Licht hergestellt
Aus Beifuß, Luft und Licht lässt sich ein Wirkstoff gegen Malaria herstellen. Für die Entwicklung dieses kostengünstigen und umweltfreundlichen Verfahrens erhielten Prof. Peter H. Seeberger und Kollegen einen Preis der American Chemical Society (ACS). Seeberger arbeitet am Potsdamer Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung. Dort untersuchte er auch die Wirkung von Beifuß auf Coronaviren.
Als Ausgangsstoff für das Malaria-Mittel dienen gehäckselte Pflanzenreste des Einjährigen Beifuß (Artemisia annua) und als Katalysator pflanzeneigenes Chlorophyll. Kombiniert mit Sauerstoff und Licht entsteht auf diese Weise im Labor der Wirkstoff Artemisinin in weniger als 15 Minuten. Artemisinin gehöret weltweit zur Standardbehandlung von Malaria, sogar bei Neugeborenen. Extrakte aus Artemisia annua zeigen nur eine sehr geringe Toxizität.
Umweltfreundliches und effizientes Verfahren
"Das von uns entwickelte chemische Verfahren ist umweltfreundlich und so effizient, dass wir viel konzentrierter als die Natur arbeiten können, die wir hier nachahmen", sagt Seeberger, Direktor der Abteilung Biomolekulare Systeme, in einer Mitteilung.
"Auf diese Weise können erschwingliche Malariamedikamente hergestellt werden und gleichzeitig eröffnet unser Verfahren neue Möglichkeiten, auch andere Arzneistoffe nachhaltig und preiswerter als bisher herstellen zu können", ergänzt der Chemiker und Biochemiker. Er erhält damit zum dritten Mal eine Auszeichnung der ACS. Als erster deutscher Forscher seit 40 Jahren wird er ab Oktober 2021 für ein Jahr auf die Newton-Abraham-Gastprofessur an der University of Oxford berufen.
Malaria-Mittel nur mit Beifuß, Luft und Licht hergestellt
Zu den Erfindern der Methode, das Malaria-Mittel Artemisinin nur aus Beifuß, Luft und Licht herzustellen, gehören außerdem der Chemiker Prof. Kerry Gilmore von der University of Connecticut, der bis vor kurzem in Potsdam forschte sowie der Verfahrenstechniker Prof. Andreas Seidel-Morgenstern, Direktor am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme in Magdeburg.
Hilft Beifuß-Extrakt auch gegen Coronavirus?
In Laborstudien erforschte Seeberger außerdem, ob sich Extrakte aus dem Einjährigen Beifuß oder Artemisinin-Derivate als Wirkstoff gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 eignen könnten. An den Untersuchungen waren das US-Unternehmen ArtemiLife sowie weitere Wissenschaftler aus Dänemark und Deutschland beteiligt.
In Zelltests wurde die Virusvermehrung bei unterschiedlichen Konzentrationen (Extrakte und Derivate) untersucht. Eine bestimmte Konzentration der Reinsubstanz (EC50) erwies sich am wirksamsten und führte zu einer 50-prozentigen Reduktion der Viren. Die Ergebnisse werden jetzt in klinischen Studien in Mexiko mit 360 Patienten überprüft.
Studien aus China hatten gezeigt, dass der alkoholische Extrakt aus Einjährigem Beifuß das zweitstärkste pflanzliche Arzneimittel war, das gegen das 2005 grassierende SARS-Virus eingesetzt wurde. Das aktuelle SARS-CoV-2-Virus gehört der gleichen Untergattung an.
Foto: Adobe Stock/Kerry Gilmore/Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung