Magersucht: Spezifische Psychotherapien wirken am besten
Magersucht ist allein mit Psychotherapie zu behandeln. Bislang fehlten aber aussagekräftige Studien, die die verschiedenen psychotherapeutischen Verfahren auf ihre Wirksamkeit untersuchten. Das haben jetzt Wissenschaftler aus Tübingen und Heidelberg getan. In der ANTOP-Studie („Anorexia Nervosa Treatment of Out Patients“) haben sie zwischen 2007 und 2011 erstmals drei unterschiedliche Therapien miteinander verglichen. Die Ergebnisse sind soeben im Fachmagazin Lancet erschienen.
Für ihre Studie teilten die Wissenschaftler 242 erwachsene Frauen mit einem Durchschnittsgewicht von 46,5 Kilo nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen ein. In einer erhielten sie eine intensive Regelversorgung, die länger dauerte als üblicherweise. In den beiden anderen Gruppen kamen zwei neue, speziell für die Anorexie entwickelte Psychotherapien zum Einsatz. Bei der einen Therapie handelte es sich um eine Variante der kognitiven Verhaltenstherapie. „Hier werden die Patienten zunächst über ihre Erkrankung aufgeklärt, danach erlernen sie spezielle Techniken, um ihr Essverhalten zu normalisieren“, berichtet Professor Dr. Wolfgang Herzog, Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik der Universität Heidelberg. Die andere spezifische Therapie ist die fokale psychodynamische Psychotherapie, eine Weiterentwicklung der Psychoanalyse. Sie sucht nach den tiefer liegenden Ursachen der Essstörung. Alle Therapien dauerten zehn Monate.
Unbehandelt sterben fünf Prozent der magersüchtigen Frauen
Bei allen drei Therapieformen nahm die Mehrzahl magersüchtigen Patientinnen stetig an Gewicht zu und die Erholung setzte auch nach dem Ende der Therapie fort. Allerdings schnitten die beiden neuen Therapieformen insgesamt besser ab. Prof. Herzog zu den Ergebnissen: „Patientinnen in der Verhaltenstherapie-Gruppe nahmen während der Therapie schneller an Gewicht zu. Bei der fokalen psychodynamischen Therapie besserten sich die Symptome der Patientinnen auch nach Therapieende und hatten deshalb ein Jahr nach Ende der Behandlung die günstigsten Gesamtheilungsraten. Außerdem mussten die Patientinnen hier seltener zusätzlich in der Klinik behandelt werden.“
Doch längst nicht alle Patientinnen konnten geheilt werden. Trotz der erfolgreichen Verläufe litt auch ein Jahr nach Ende der Therapie ein Viertel der Patientinnen noch immer an einer voll ausgeprägten Magersucht. Magersucht ist laut Herzog die psychische Erkrankung mit der höchsten Sterblichkeitsrate: „Unbehandelt sterben etwa fünf von 100 der Patienten innerhalb von zehn Jahren.“ Meist handle es sich um Mädchen oder junge Frauen.
Foto: © BOY - Fotolia.com