Macht Schule krank?
Das Kind klagt immer wieder über Kopfschmerzen, Bauchschmerzen oder ähnliche diffuse Beschwerden, und es will nicht zur Schule gehen? Solche Hinweise sollten Eltern nicht auf die leichte Schulter nehmen. Kinder- und Jugendärzte beobachten, dass immer mehr junge Patienten durch schulische Belastungen und Überforderung Gesundheitsstörungen entwickeln.
Essstörungen, Ängste und Sucht nehmen durch schulische Belastungen zu
„In unseren Praxen sehen wir immer häufiger junge Menschen mit körperlichen und oder psychischen Beschwerden, wie Essstörungen, Ängsten, Suchtverhalten“, so Kinderarzt Dr. Uwe Büsching vom Verband der Kinder- und Jugendärzte BVKJ. Er warnt: „Schulische Spitzenleistungen allein machen junge Menschen nicht zufrieden. Das Schulsystem ist in vielen Bereichen nicht an den Bedürfnissen der Lehrer und Lehrerinnen oder gar der Schüler und Schülerinnen ausgerichtet.“
Der Verband kritisiert, dass die schulische Bildung krank macht, weil sie unterfinanziert ist. Nach Auffassung des Ärzteverbands der schaffen Ganztagsschulen, achtjährige Gymnasialstufe und der Abbau von Förderschulen Lehrern und Schülern viele Schwierigkeiten. Der BVKJ kritisiert die Vielzahl an Bildungsreformen und unterstützt die Forderung einiger Elternverbände, dass die Inhalte der Lehrpläne überdacht werden müssen. Unter anderem schließt er sich der Position des Bayrischen Elternverbandes an: „Die Frage, ob die gymnasiale Ausbildung acht oder neun oder auch nur sechs Jahre dauert, ist unwichtig. Vorrangig ist eine sinnvolle inhaltliche Ausgestaltung der gymnasialen Schulzeit.“
Große Sorgen äußern die Ärzte auch mit Blick auf die schulische Betreuung behinderter Kinder. Sie fürchten, dass vernünftige Rahmenbedingungen für eine sinnvolle Inklusion fehlen. Büsching kritisierte in diesem Zusammenhang den „unwürdigen Streit um die Finanzierung“ zwischen Kommunen und Ländern.
Heilmittelverordnungen sind keine Lösung in der Versorgung von Schulkindern
Die Kinderärzte warnen davor, dass sie die Probleme nicht lösen können, die in den Schulen entstehen. „Medizin darf auch nicht reparieren, was die Bildungspolitik mit unseren Kindern und Jugendlichen macht“, so Büsching. Sie verweisen darauf, dass Heilmittelverordnungen im Arztrecht verboten sind, „wenn an sich störungsbildspezifische pädagogische, heilpädagogische oder sonderpädagogische Maßnahmen zur Beeinflussung von Schädigungen geboten sind“. Die Hoffnung, was Schule bei Inklusion nicht leiste, könnte durch Heilmittel aufgefangen werden, sei also nicht berechtigt.
Der Verband prangert auch an, dass sich der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) immer mehr aus der Versorgung von Schulkindern zurückzieht. Eine ernstgemeinte betriebsmedizinische Betreuung der Schülerinnen und Schüler werde durch ständigen Personalabbau im ÖGD vereitelt. „Hier wird eine große Chance vertan, Kinder und Jugendliche in ihren Lebenswelten zu begleiten, präventive, gesundheitsförderliche Maßnahmen gemeinsam in und mit Schule umzusetzen“, so Büsching.
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