Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Macht die Hormonspirale psychisch krank?

Freitag, 23. Juni 2017 – Autor: anvo
Hormonspiralen mit dem Wirkstoff Levonorgestrel sollen eine Schwangerschaft verhindern. Es mehren sich jedoch auch die Hinweise, dass die Verhütungsmethode zu psychiatrischen Nebenwirkungen wie Depressionen, Ängsten und Schlafstörungen führen kann.
Macht die Spirale psychisch krank?

Ob Hormonspiralen Angststörungen auslösen können, ist Gegenstand einer aktuellen Untersuchung – Foto: ©fancytapis - stock.adobe.com

Levonorgestrelhaltige Hormonspiralen stehen im Verdacht, psychische Störungen auslösen zu können. Konkret geht es um die Spiralen Mirena, Jaydess und Kyleena des Pharma-Unternehmens Bayer. Sie sollen einer Studie zufolge dazu führen, dass die Trägerinnen bei Stress übermäßig viel Cortisol ausschütten und dass ihre Herzfrequenz stärker steigt als bei Verhütung mit der Antibabypille oder bei Frauen, die gar nicht verhüten. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) prüft nun, ob die bisherigen Angaben zu psychiatrischen Nebenwirkungen in der Packungsbeilage aktualisiert werden müssen.

Verstärkte Ausschüttung von Cortisol

Depressionen und depressive Stimmungen sind bereits als häufige Nebenwirkung in den Produktinformationen der betroffenen Spiralen angegeben. Offenbar können sie jedoch auch Ängste, Schlafstörungen und innere Unruhe hervorrufen. Nach Angaben des Magazins „Der Spiegel“ finden sich in der Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen allein für Mirena mehr als 270 gemeldete Verdachtsfälle von Nervosität, Panikattacken, Schlaflosigkeit, Aggressionen, Depressionen und verminderter Libido.

Zudem hat nun eine aktuelle Studie von Steven Kushner, Professor für neurobiologische Psychiatrie am Erasmus University Medical Center in Rotterdam, gezeigt, dass Frauen, die eine Hormonspirale tragen, in Stresssituationen häufig besonders große Mengen des Stresshormons Cortisol ausschütten. Das könnte einen Zusammenhang mit stressbedingten Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen erklären.

Kausalität schwer zu beweisen

Nach Meinung von Studienautor Kushner zeigen seine Untersuchungen ganz klar, dass „levonorgestrelhaltige Hormonspiralen nicht nur lokal in der Gebärmutter wirken“, wie es von Bayer behauptet wird. Nach Ansicht anderer Experten ist eine direkte Kausalität zwischen der Anwendung der Hormonspirale und psychischen Störungen jedoch schwer zu beweisen. So erklärt Vanadin Seifert-Klauss, Sektionsbeirat der Sektion Reproduktionsbiologie der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE): „Ob die gestagenhaltigen Spiralen die Ursache für die höhere Stressantwort sind, ist aus den Daten nicht ableitbar, da lediglich eine Querschnittsuntersuchung und kein longi­tudinaler Verlauf untersucht wurde.“

Die Beobachtungsstudie berücksichtige nicht die Gründe, aus denen Patientinnen sich für die Hormonspirale entschieden haben, so Seifert-Klauss. Denn häufig seien es Frauen mit verstärkten Menstruations­blutungen, die sich von der Spirale eine Verbesserung ihrer Beschwerden erhoffen. Ursache für starke Blutungen sei wiederum in vielen Fällen eine Östrogendominanz, die unter anderem Folge eines stressbedingten Ausbleibens der Ovulation sein könne. Ob die Produktzettel zu levonor­gestrel­haltigen Hormonspiralen nun korrigiert werden müssen, soll sich nach Angaben der EMA in den nächsten Wochen entscheiden. In den USA haben bereits mehrere tausend Mirena-Anwenderinnen Klagen eingereicht.

Foto: © fancytapis - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Schwangerschaft , Verhütungsmittel , Antibabypille

Weitere Nachrichten zum Thema Verhütung

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin