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Machen Online-Meetings depressiv?

Montag, 7. November 2022 – Autor:
Stundenlange Online-Konferenzen ohne echte menschliche Präsenz bewahren einen vor Corona – aber offenbar sind sie auch ein Risikofaktor für depressive Verstimmungen und Burnout. Das besagt eine Studie von Psychologen der Universität Ulm.
Video-Konferenz mit vielen Gesichtern und einer Dozentin auf dem Laptom-Bildschirm.

Stundenlange Video-Konferenzen können Spuren in der seelischen Gesundheit hinterlassen, besagt eine Studie der Universität Ulm. – Foto: AdobeStock/as-artmedia

Um während der Corona-Pandemie trotz Ansteckungsgefahr mit Kollegen auch von Angesicht zu Angesicht in Kontakt zu sein – dafür waren Online-Meetings oder Web-Konferenzen eine willkommene und sich stark verbreitende Lösung. Psychologen der Universität Ulm haben jetzt in einer Studie das in diesem Kontext zu beobachtende neue Phänomen der „Videokonferenz-Müdigkeit“ untersucht und kommen zu der Ergebnis: Vor allem bei Personen mit Tendenzen zu emotionaler Instabilität und negativen Emotionen könnte eine Vielzahl an Videokonferenzen das Risiko für Burnout- und Depressionssymptome erhöhen.

Warum Tele-Konferenzen von manchen als ermüdend und melancholisch erlebt werden

Viele Teilnehmer von Online-Meetings am Küchentisch oder Web-Konferenzen im Arbeitszimmer berichteten inzwischen vom Phänomen der „Videokonferenz-Müdigkeit“, heißt es in einer Mitteilung der Universität Ulm. So hilfreich Tele-Konferenz-Apps in den heißen Phasen der Pandemie gewesen sein mögen: „Das stundenlange Sitzen vor dem Bildschirm, technische Probleme oder die ständige Konfrontation mit dem eigenen Bild können die Teilnehmenden ermüden. Zudem fehlt vielen dabei echte soziale Interaktion.“

Burnout und Depression: Neurotiker sind besonders gefährdet

„Die neuartige Erscheinung der Videokonferenz-Müdigkeit ist noch unzureichend charakterisiert. Sie kann sich in unterschiedlichen Ausprägungen äußern, die emotionale, soziale, motivationale und visuelle Aspekte haben können“, sagt Christian Montag, Leiter der Abteilung Molekulare Psychologie an der Universität Ulm und Erstautor der Studie. Zusammen mit Kollegen aus Österreich (FH Steyr, Universität Linz) hat das Team um Christian Montag Online-Fragebögen von über 300 Befragten ausgewertet. Speziell das Persönlichkeitsmerkmal „Neurotizismus“ wurde dabei als potenziell begünstigender Faktor für Videokonferenz-Müdigkeit berücksichtigt. „Weiterhin konnten wir Hinweise darauf finden, dass der Zusammenhang zwischen neurotischeren Personen und Burnout- als auch zu Depressions-Tendenzen zum Teil über die Videokonferenz-Müdigkeit erklärt werden könnte“, sagt der Psychologie-Professor aus Ulm.

Videokonferenzen gesünder gestalten: Mögliche Lösungsansätze

Als besonders strapaziös erleben der Studie zufolge jüngere Menschen und Frauen die häufigen und/oder lang andauernden Videokonferenzen. Damit bestätigen die Ergebnisse frühere Arbeiten. Zugleich suchten die Psychologen nach Lösungen, um die negativen Auswirkungen von Tele-Konferenzen zum mindern. In ihrer Auswertung kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass kürzere Videokonferenzen sowie längere Pausen dazwischen ein Schlüssel sein könnten, um das Phänomen einer Videokonferenz-Müdigkeit zu vermeiden. Dies ergaben statistische Analysen von Informationen über die persönlich erlebte Videokonferenz-Müdigkeit sowie zur Länge der Meetings und der Pausen. Erschienen ist die Studie im Fachmagazin „Journal of Affective Disorders Reports“ (JAD).

Online-Meetings und Gesundheit: Hier geht es zum Selbsttest

Wer mehr über sein eigenes Verhalten und seine Tendenz zur Videokonferenz-Müdigkeit erfahren will, kann weiterhin auf einer Selbsttest-Plattform an der Studie der Abteilung Molekulare Psychologie der Uni Ulm teilnehmen. Die Angaben im Fragebogen unterstützen die Wissenschaftler bei ihrer Forschung.

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