„Lass uns über Rheuma sprechen“ – wie die Arzt-Patienten-Kommunikation verbessert werden kann

Für eine optimale Behandlung ist ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt notwendig
Viele Patienten verstehen die Erklärungen ihres Arztes nicht und scheuen sich zudem davor, mit ihm offen über ihre Sorgen und Ängste zu reden. Nicht selten führt das dazu, dass sie ihre (notwendigen) Medikamente absetzen, ohne mit ihrem behandelnden Arzt vorher darüber zu sprechen. Das ist besonders problematisch bei Erkrankungen, deren erfolgreiche Behandlung von der Mitarbeit und Therapietreue der Patienten abhängt, wie zum Beispiel bei der Rheumatoiden Arthritis (RA).
Um herauszufinden, wie Patienten mit Rheumatoider Arthritis ihren eigenen Therapieverlauf und die Kommunikation mit ihrem Arzt einschätzen, wurde zwischen September 2014 und Januar 2016 die „RA narRAtive Erhebung“ durchgeführt, für die 3.987 Patienten und 1.666 Ärzte aus 15 Ländern befragt worden waren. Eines der Ergebnisse: 41 Prozent der befragten Patienten erklärten, ihre Medikamente nicht gemäß der ärztlichen Verordnung einzunehmen. Offenbar besteht also Verbesserungsbedarf für das Arzt-Patienten-Verhältnis.
Besseres Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nötig
Wie sich die Therapietreue von Patienten mit Rheumatoider Arthritis und die allgemeine Kommunikation zwischen Arzt und Patient verbessern lassen, war nun Thema einer Podiumsdiskussion mit dem Titel „Lass uns über Rheuma sprechen“, die am 4. Oktober 2016 vom Arzneimittelhersteller Pfizer in Berlin veranstaltet wurde. Mit verschiedenen Rheuma-Experten wurden Optimierungsansätze für die Arzt-Patienten-Kommunikation diskutiert.
Als besonders besorgniserregend wurde bezeichnet, dass 60 Prozent der Patienten im Rahmen der „RA narRAtive Erhebung“ erklärten, es sei ihnen unangenehm, ihre Sorgen und Ängste mit ihrem Arzt zu besprechen. Und über ein Drittel befürchteten sogar, als „schwieriger Patient“ wahrgenommen zu werden, wenn sie zu viele Fragen stellten. Wenn dann unerwünschte Nebenwirkungen der Therapie auftreten und sich die Patienten nicht trauen, darüber zu sprechen und die Medikamente einfach absetzen, kann dies fatale Folgen haben. Und ein Arzt, der nicht weiß, ob der Patient seine Medikamente regelmäßig nimmt, kann diesen auch nicht adäquat behandeln.
Medizinische Versorgung von RA-Patienten könnte noch optimiert werden
Welche Folgen diese mangelnde Kommunikation haben kann, zeigt auch die CAPEA-Studie („Course And Prognosis of Early Arthritis“). Hier konnte gezeigt werden, dass 40 Prozent der RA-Patienten durch die Standardtherapie eine klinische Remission und 21 Prozent immerhin eine niedrige Krankheitsaktivität erreichten. Gleichzeitig blieb bei 37 Prozent die Krankheitsaktivität in den ersten beiden Jahren weiterhin mittel bis hoch. Dennoch wurde nur bei etwa der Hälfte der Patienten, die nicht ausreichend auf die Behandlung ansprachen, die Therapie intensiviert oder umgestellt. So waren nach zwei Jahren lediglich 12 Prozent der Patienten auf eine Therapie mit Biologika eingestellt, obwohl diese den Leitlinien zufolge bereits nach sechs Monaten unzureichenden Ansprechens auf die Standardtherapie eingesetzt werden können. Möglicherweise könnten solche Versorgungsdefizite durch eine bessere Kommunikation zwischen Arzt und Patient vermieden werden, so die Teilnehmer der Diskussionsrunde.
Die Experten raten Patienten zudem, Notizen über ihren Krankheits- und Therapieverlauf zu machen und Fragen an ihren Arzt aufzuschreiben, um bei dem Arztgespräch gut vorbereitet zu sein. Auch sollten alle Sorgen bezüglich der Erkrankung oder der Medikamente offen ausgesprochen und Medikamente nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt abgesetzt werden. Zudem, so die Expertenrunde, sei es wichtig, dass sich Arzt und Patient gut kennen. Ein häufiger Arztwechsel, wie er beispielsweise in manchen großen Gemeinschaftspraxen stattfindet, sei hingegen kontraproduktiv.
Online-Kommunikation als Lösungsansatz?
Viele Patienten mit Rheumatoider Arthritis wünschen sich außerdem mehr Zeit, um alle Fragen mit ihrem Arzt zu besprechen – ein Wunsch, der aufgrund struktureller Zwänge und des bestehenden Mangels an Fachärzten oft schwer zu erfüllen ist. Diskutiert wurde daher auch, ob digitale Medien hier Abhilfe schaffen können. So zeigte sich Dr. Johannes Wimmer aus Hamburg, bekannt geworden durch seine medizinischen Erklärvideos auf YouTube sowie als TV-Experte für Gesundheitsthemen, überzeugt, dass die Aufklärung der Patienten durch Videos zu einer besseren Vorbereitung auf das Arzt-Gespräch führen würde. Er befürwortet zudem die Online-Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten, so dass Termine in der Praxis nur noch bei konkretem Bedarf notwendig seien. So ließen sich seiner Meinung nach zeitliche und finanzielle Ressourcen einsparen. Ob dies für alle Patienten sinnvoll ist, blieb in der Diskussionsrunde umstritten. Doch die bisher üblichen routinemäßigen Arztbesuche in jedem Quartal wurden von fas allen Teilnehmern als nicht mehr zeitgemäß betrachtet.
Einig waren sich die Experten zudem darin, dass Therapie-Entscheidungen immer gemeinsam getroffen werden müssen. Und doch haben gemäß „narRAtive“ nur vier von zehn Patienten gemeinsam mit ihrem Arzt ihre Behandlungsziele definiert. Auch sind sich Arzt und Patient nicht immer einig, was denn überhaupt ein Behandlungserfolg sei, wie Professor Jörn Kekow, Chefarzt der Klinik für Rheumatologie an der HELIOS Fachklinik Vogelsang-Gommern, erklärte. Während Ärzte meist die klinische Remission erreichen wollen und dabei eventuell Nebenwirkungen außer acht lassen, geht es den Patienten häufig mehr um die Erhaltung oder Verbesserung ihrer Lebensqualität, die nicht immer mit den medizinischen Parametern übereinstimmen muss. Für viele Betroffene sind die Verbesserung ihrer Schmerzen, eine leichte Anwendbarkeit ihrer Medikamente sowie weniger Nebenwirkungen wichtiger oder genauso wichtig wie ein Rückgang der Krankheitsaktivität.
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