Langzeitverlauf von Multipler Sklerose hat sich verbessert

US-Studie: Immer mehr MS-Patienten leben ohne Behinderungen – Foto: Robert Kneschke - Fotolia
In Deutschland leben etwa 200.000 Menschen mit Multipler Sklerose. Neue Medikamente machen die Erkrankung des Zentralen Nervensystems heute besser behandelbar. Doch harte Fakten zu den Langzeitverläufen fehlen. Eine Studie der University of California liefert nun Hinweise, dass sich der medizinische Fortschritt tatsächlich im Langzeit-Outcome widerspiegelt. So waren 90 Prozent der Studienteilnehmer 17 Jahre nach der MS-Erstdiagnose noch ohne Hilfsmittel gehfähig. Zieht man vergleichbare epidemiologische Studien heran, wären ohne Therapie am Ende nur etwa 50 Prozent ohne Gehhilfe oder einen Rollstuhl ausgekommen.
MS-Therapie auf gutem Weg
„Die aktuellen Zahlen stammen zwar nur aus einem einzigen Zentrum, deshalb muss man sie mit Vorsicht interpretieren. Sie zeigen aber, dass wir bei der MS auf einem guten Weg sind und unseren Patienten heute eine Vielzahl Therapien anbieten können, die ihre Selbständigkeit und Lebensqualität lange erhalten“, sagt dazu Prof. Heinz Wiendl von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).
Für die Studie wurden 571 MS-Patienten zehn Jahre lang begleitet und die Entwicklung von Behinderungen seit der Diagnose betrachtet. Die Forscher der University of California nutzten dafür die Standardskala EDSS (Expanded Disability Status Scale), die MS-bedingte Behinderungen systematisch erfasst. Nur 10,7 Prozent erreichte im Beobachtungszeitraum einen EDSS-Wert von 6 oder größer, was gleichbedeutend mit der Notwendigkeit von Krücken oder eines Rollstuhls (ab EDSS 7) ist. Bei 41 Prozent blieb der Zustand stabil oder verbesserte sich sogar unter der Therapie mit Interferon beta und nötigenfalls hochpotenten Wirkstoffen wie Natalizumab und Rituximab. Andererseits bedeutet das Ergebnis, dass immerhin 59 Prozent eine klinisch signifikante Behinderung in den 17 Jahren entwickelt hatten – trotz Therapie.
Forschung noch nicht am Ziel
Diese bestand in der Regel aus Interferon (IFN) beta-1b, IFM beta-1a oder Glatirameracetat. Traten deutliche Verschlechterungen auf, wurden die Patienten auf eine „Hochpotenztherapie“ umgestellt, die Substanzen wie Natalizumab, Rituximab oder auch Mitoxantron und Cyclophosphamid umfasste. In einigen Fällen wurden auch neue Medikamente wie Fingolimod, Dimethylfumarat und Teriflunomid verabreicht, jedoch sind diese Präparate so neu in der MS-Therapie, dass sie bei der Analyse der ersten beiden Studienjahre nicht berücksichtigt werden konnten.
„Das illustriert den anhaltenden Bedarf an effektiveren krankheitsmodifizierenden Therapien für die schubförmige MS und generell für effektive Therapien gegen die progrediente MS“, kommentiert Wiendl. Außerdem fehlten nach wie vor individuelle Vorhersagemöglichkeiten für den Verlauf und das Ansprechen auf die Therapie, meint der Direktor der Klinik für Neurologie der Universität Münster. Sein Fazit: „Die Studie macht trotz vielversprechender Ergebnisse deutlich, dass die MS-Forschung noch lange nicht am Ziel ist.“
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