Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

KV Berlin wirft Lauterbach Wortbruch vor

Donnerstag, 28. Juli 2022 – Autor:
Das Kabinett hat am Mittwoch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz beschlossen. Der Gesetzesentwurf sieht eine Beitragserhöhung sowie Sparmaßnahmen im Gesundheitssystem vor. Die Streichung der Neupatientenregelung sorgt in der Ärzteschaft für Empörung.
Für neue Patienten bekommen Ärzte derzeit ein Honorar außerhalb des Budgets. Damit soll bald Schluss sein

Für neue Patienten bekommen Ärzte derzeit ein Honorar außerhalb des Budgets. Damit soll bald Schluss sein – Foto: © Adobe Stock / Robert Kneschke

Die Bundesregierung hat am Mittwoch dem Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes zugestimmt. Mit der Finanzreform soll ein Defizit von 17 Milliarden Euro abgefangen werden, das den gesetzlichen Krankenkassen im kommenden Jahr voraussichtlichdroht. Das Gesetz sieht eine Kombination aus neuen Finanzspritzen und Sparmaßnahmen vor.

Leistungskürzungen für die Versicherten soll es aber nicht geben. Allerdings ist eine Beitragserhöhung von 0,3 Prozent vorgesehen. Um die Einnahmenseite zu verbessern werden außerdem etwa der Bundeszuschuss von 14,5 Milliarden Euro für 2023 um 2 Milliarden Euro erhöht, Preisabschläge auf Arzneimittel erhöht und der Bund gewährt der GKV ein unverzinsliches Darlehen für 2023 von 1 Milliarde Euro an den Gesundheitsfonds.

De facto weniger Honorar für Ärzte

Sparmaßnahmen betreffen ausschließlich den niedergelassenen Bereich. So soll der Honorarzuwachs für Zahnärzte begrenzt und die sogenannte Neupatientenregelung abgeschafft werden. Die Neupatientenregelung war von Lauterbachs Vorgänger im Amt, Jens Spahn, im Jahr 2019 eingeführt worden, um die durch Budgetierung und hohe Patientenzahlen ohnehin stark belasteten Praxen dazu zu motivieren, zusätzliche kurzfristige Termine zur Verfügung zu stellen und neue Patienten aufzunehmen. Für die Versorgung dieser neuen Patientinnen und Patienten erhalten die Haus- und Fachärzte seither das Honorar „extrabudgetär“, also ohne Abschläge.

Scharfe Kritik von der KV Berlin

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin zeigte sich empört über die Streichung der Neupatientenregelung. „Der Bundesgesundheitsminister begehe mit der heutigen Entscheidung einen doppelten Wortbruch, teilte der Vorstand der KV Berlin mit. „Es werden nicht nur die bescheidenen Verbesserungen durch das TSVG zurückgedreht, sondern es wird auch die im Koalitionsvertrag zugesagte Abschaffung des Hausarztbudgets gleich mit einkassiert.“

Protestaktion am 7. September

Die KV Berlin kündigte an, die Entscheidungen nicht hinnehmen zu wollen, sondern man werde sich wehren, hieß es. Bereits in der vergangenen Woche habe man die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen dazu aufgerufen, an einem Aktionstag am 7. September teilzunehmen. Mit diesem Aktionstag wolle man der Politik klarmachen, dass der Gesetzgeber das aktuelle Finanzierungsproblem der gesetzlichen Krankenkassen nicht auf die ambulante Versorgung abschieben kann. „So sieht es jedenfalls aus, wenn man parallel feststellen muss, dass die Kliniken in den Sparplänen des Ministers keine Rolle spielen.“

Hartmannbund hält Lauterbach für entweder ahnungslos oder dreist

Mit scharfer Kritik reagierte auch der Hartmannbund auf die Streichung der Neupatientenregelung. Wenn der Bundesgesundheitsminister die Streichung mit den Worten begründe, man sei `nicht richtig in der Lage, zu prüfen, wer Bestands- und wer Neupatient ist´, spreche das „entweder für eine erschreckende Ahnungslosigkeit oder aber für schlichte Dreistigkeit“, hieß es in einer Erklärung des Verbandes. „Beides ist einer kultivierten politischen Debatte unwürdig.“ Sowohl die Kassenärztlichen Vereinigungen als auch die Krankenkassen könnten diese Daten ermitteln und hätten dies in der Vergangenheit auch schon getan. „Wir werden also im Laufe des nun beginnenden parlamentarischen Verfahrens alles tun, um deutlich zu machen, dass der Minister nicht nur in der Sache auf dem Holzweg ist, sondern auch seine Argumentation jeglicher Grundlage entbehrt“, so der Hartmannbund weiter.

Der Verband unterstützt ausdrücklich den Aufruf der Berliner Kassenärztlichen Vereinigung zu einem Protesttag am 7. September, in dessen Fokus die Kritik an der geplanten Rücknahme der Neupatientenregelung stehen wird. Die Vorsitzende des Hartmannbundes in Berlin, Miriam Vosloo, kündigte an, die Mitglieder des Hartmannbundes zur Teilnahme an dieser Protestaktion aufzurufen. „An dieser Stelle müssen wir alle gemeinsam ein klares Zeichen setzen.“

Hauptkategorien: Berlin , Gesundheitspolitik
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Ärzte

Weitere Nachrichten zum Thema Affenpocken

23.07.2022

Nach bisherigen Daten verlaufen Affenpocken nur in Ausnahmefällen tödlich. Auch Hirn- und Lungenentzündungen sehen Ärzte sehr selten. Dennoch gibt es schwere Krankheitsverläufe. Ein Infektiologe berichtet über die häufigsten Komplikationen.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin