Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
 

Krebstherapie während Corona-Pandemie: Das raten Experten

Dienstag, 5. Mai 2020 – Autor: Anne Volkmann
Viele Krebspatienten sind durch die Corona-Pandemie noch stärker verunsichert als zuvor: Sind sie durch das neue Virus SARS-CoV-2 besonders gefährdet? Und können Chemo- und Strahlentherapie überhaupt noch durchgeführt werden? Experten geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.
SARS-CoV-2, Covid-10, Corona, Krebstherapie

Eine Krebserkrankung an sich bedeutet vermutlich kein erhöhtes Risiko für eine Ansteckung mit SARS-CoV-2 oder eine Covid-19-Erkrankung. – Foto: ©artegorov3@gmail - stock.adobe.com

Eine Krebserkrankung alleine bedeutet schon einen großen Einschnitt in das Leben und führt oft zu Verunsicherung und Ängsten. In Zeiten der Corona-Pandemie gilt dies für Betroffene verstärkt. Zwar gehören nicht alle Krebspatienten per se zur Risikogruppe. Doch bestimmte Therapien können das Immunsystem beeinträchtigen und damit auch das Risiko für einen Covid-19-Erkrankung bzw. einen schweren Verlauf derselben erhöhen. Gesundheitsstadt Berlin hat Informationen der Fachgesellschaften zum Thema „Krebs und Corona“ zusammengetragen.

Pauschale Empfehlungen gibt es nicht

Grundsätzlich gilt: Pauschale Ratschläge für Krebspatienten in der Corona-Krise sind nicht möglich. Die Verläufe und Therapieverfahren bei Krebs unterscheiden sich stark. Daher benötigt auch in der aktuellen Krisensituation jeder Patient eine Behandlung, die auf die individuelle Situation zugeschnitten ist.

„Es gibt bei Krebs manchmal Erkrankungssituationen, in denen kein schnelles Handeln erforderlich ist. In anderen Fällen ist eine dringende Behandlung geboten, um Heilungschancen nicht zu gefährden“, sagt Professor Dr. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums, und ergänzt: „In wieder anderen Fällen muss die Behandlung aufgrund einer besonderen Infektionsgefährdung von Patienten individuell angepasst werden. Pauschale Empfehlungen lassen sich daher nicht geben.“

 

Nicht alle Krebspatienten haben erhöhtes Risiko

Wie der Krebsinformationsdienst des DKFZ mitteilt, gibt es bislang nur wenige Erkenntnisse dazu, wie Krebspatienten auf einen Kontakt mit dem Coronavirus reagieren. Experten der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) gehen jedoch davon aus, dass vor allem Krebspatienten mit einem geschwächten Immunsystem und Personen, bei denen zeitgleich weitere Infektionen der oberen Luftwege auftreten, ein erhöhtes Risiko für eine Covid-19-Erkrankung haben. Demnach sind Krebspatienten mit einer gut beherrschten Erkrankung oder nach erfolgreich abgeschlossener Erstbehandlung (vorausgesetzt, sie zählen nicht aus anderen Gründen zur Risikogruppe) nicht stärker gefährdet als andere Menschen, bei einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 einen schweren Krankheitsverlauf zu haben.

Ein erhöhtes Risiko haben hingegen Krebspatienten, wenn sie

  • zusätzlich eine Vorerkrankung haben; dazu gehören bestimmte Lungen- und Herzerkrankungen, Diabetes mellitus, chronische Lebererkrankungen und Erkrankungen, die das Immunsystem schwächen,
  • Krebsmedikamente bekommen, die das Immunsystem schwächen (Immunsuppressiva),
  • über 50 Jahre alt sind
  • und/oder rauchen.

Nicht alle Zytostatika sind stark immunsuppressiv

Nicht jede Krebstherapie bedeutet jedoch eine starke Schwächung des Immunsystems, so das DFFZ auf seiner Website. Sind Patienten unsicher, sollten sie ihren Arzt fragen, wie dieser aktuell ihre Infektabwehr einschätzt und ob sie ein Krebsmedikament bekommen, dass immunsuppressiv ist.

Einige Zytostatika regeln das Immunsystem stark herunter, zum Beispiel Cyclophosphamid oder Vinblastin, andere weniger, wie die Taxane Paclitaxel und Docetaxel. Auch die Dosis einer Chemotherapie bestimmt mit, wie stark das Immunsystem geschwächt wird. Intensive Chemotherapien, wie sie beispielsweise für Patienten im Rahmen einer Blutstammzelltransplantation und bei akuten Leukämien eingesetzt werden, beeinflussen die Infektabwehr besonders stark.

Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) empfiehlt Patienten, eine geplante Krebstherapie auch wähend der Corona-Pandemie nicht grundsätzlich zu verschieben. Ärzte werden bei jedem Patienten den Nutzen der Krebstherapie gegen den möglichen Schaden abwägen, so die DGHO. Eine wirksame Krebsbehandlung sei dabei in der Regel wichtiger als Unterbrechungen der Therapie aufgrund zu großer Vorsicht.

Über Änderungen des Therapieregimes nachdenken

Allerdings kann es durchaus möglich und angebracht sein, bei einer gut beherrschbaren Krebserkrankung die Therapie zu verschieben oder die Therapiereihenfolge zu verändern. So sei es beispielsweise beim Prostatakarzinom möglich, eine medikamentöse Hormontherapie vorzuschalten und den Tumor erst später zu bestrahlen, so die die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO).

Die veränderte Therapiereihenfolge führe nicht zu Überlebenseinbußen und könne in der jetzigen Situation sinnvoll sein, damit die Patienten seltener zur Behandlung gehen müssen. Eine zweite Möglichkeit ist, das sogenannte Fraktionierungsschema zu ändern: Statt häufiger mit geringeren Dosen zu bestrahlen, könne die Strahlentherapie auch mit weniger Sitzungen, aber höheren Dosen erfolgen. Denn bei der Tumorbekämpfung kommt es am Ende auf die verabreichte Gesamtdosis an.

Foto: © Adobe Stock/artegorov3@gmail

Hauptkategorien: Medizin , Corona
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Coronavirus , Krebs
 

Weitere Nachrichten zum Thema Coronavirus

Sollte eine Augenoperation zurzeit durchgeführt oder lieber verschoben werden? Patienten sind verunsichert und selbst unter Ärzten herrscht keine einheitliche Meinung. Die DOG rät: Aufschiebbare Operationen wie die des Grauen Stars oder operative Korrekturen von Fehlsichtigkeiten sollten zurzeit vermieden werden.

 

Aktuelle Nachrichten

 
Weitere Nachrichten
Die elektronische Patientenakte (ePA) soll bis Ende 2024 kommen - für alle. Die Daten werden pseudonymisiert ausgewertet. Das ist Teil eines von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellten Gesetzes. Die Ärzteschaft fordert Konkretisierungen im Detail.

Die Zahl der Krankenhaus-Fälle ist 2022 im Vergleich zu 2019 um 15 Prozent gesunken - noch stärker als 2020 (minus 13 Prozent) und 2021 (minus 14 Prozent). Das zeigt eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

Der Berliner Corona-Lagebericht informiert weiterhin über die aktuelle Infektionslage in der Stadt und ihren Bezirken. Doch weil sich die Lage geändert hat, hat der Berliner Senat den Bericht nun überarbeitet und den aktuellen Entwicklungen angepasst.
 
Interviews
Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.

Aducanumab ist das erste in den USA zugelassene Medikament, das die Alzheimer typischen Amyloid-Plaques zum Verschwinden bringt. Aber kann der neue monoklonale Antikörper mit dem Handelsnamen Aduhelm auch den Gedächtnisverlust stoppen? Und warum ist die Notfallzulassung in den USA durch die US-Food and Drug Administration (FDA) so umstritten? Darüber hat Gesundheitsstadt Berlin mit dem Neurologen und Alzheimer-Experten Prof. Johannes Levin vom LMU Klinikum München gesprochen.
Logo Gesundheitsstadt Berlin