Krebsexperte bestätig bei sternTV: Methadon Studie ist beantragt

Gibt es bald eine klinische Studie zu Methadon als Krebsmittel? Krebsexperten um Wolfgang Wick haben im Juni einen Antrag bei der Krebshilfe eingereicht. Im Herbst wird eine Entscheidung erwartet – Foto: ©sdecoret - stock.adobe.com
Das Beste kam zum Schluss: Der Krebsexperte Wolfgang Wick bestätige am Mittwochabend, dass eine Studie zu Methadon bei der Krebshilfe beantragt worden sei, und zwar für Hirntumore. Aufgrund des großen öffentlichen Drucks bestünden große Chancen, dass der Antrag auf Förderung bewilligt werde, sagte der Neuroonkologe vom Universitätsklinikum Heidelberg im Studio von sternTV. Sollte die Studie gestartet werden können, "haben wir hoffentlich in drei Jahren seriöse Daten für die Therapie." Wick fügte hinzu, dass insgesamt sechs Medikamente geprüft werden sollen, die alle ähnlich wie Methadon aus anderen medizinischen Bereichen stammten.
Friesen: „Freue mich auf evidenzbasierte Belege“
„Das ist eine gute Nachricht“, meinte Claudia Friesen vom Universitätsklinikum Ulm, die bereits vergangene Woche bei sternTV von Patienten berichtet hatte, bei denen das Chemotherapeutikum erst gewirkt hat, als sie es zusammen mit Methadon bekamen. „Ich freue mich, dass wir endlich evidenzbasierte Belege bekommen.“
Friesen forscht bereits seit 2007 an Methadon bei Krebs und fordert seit Jahren prospektive Studien. Erneut betonte sie: "Methadon ist ein Wirkverstärker." Das Schmerzmittel könne den Widerstand der Tumorzelle gegen das Chemotherapeutikum brechen. Unterstützung bekam sie von dem Palliativmediziner und Hausarzt Hans-Jörg Hilscher. „Die Patienten sind deutlich besser drauf und haben vor allem längere Überlebenszeiten“, erklärte er mit Blick auf mehrere Hundert Krebspatienten, die zur Chemotherapie Methadon eingenommen hatten, darunter auch von ihm behandelte Patienten. „Wir sehen Komplettremissionen, wie wir sie noch nie zuvor gesehen haben.“
Wie im Bericht zu sehen war, stehen Krebskranke in Hilschers Praxis Schlange, um den Wirkverstärker Methadon verschrieben zu bekommen. Empört zeigte sich der Mediziner über Onkologen, die sich weigerten die Patienten weiterzubehandeln, wenn sie Methadon einnehmen. „Das heißt sie verweigern lebenserhaltende und lebensrettende Chemotherapien", so Hilscher.
DGHO warnt Onkologen vor Methadon
Dass sich derartige Vorfälle in letzter Zeit häufen, ist kein Zufall. Im April hatte die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) in einem Rundschreiben vor möglichen Gefahren von Methadon gewarnt. Danach erhöht Methadon die Sterblichkeit um 46 Prozent. Hilscher kritisierte die von der DGHO zitierte Studie aus den USA scharf, unter anderem weil sie gar nicht an Krebspatienten durchgeführt worden war. Schlechter könne man eine Studie nicht machen, sagte er, und warf der DGHO vor, eine andere, viel aussagekräftigere Studie nicht zu zitieren. Ebenso vermisste er Hinweise auf aktuelle Studiendaten der University Calgary, die Friesens Funde untermauerten.
Wolfgang Wick, der als Vorsitzender der Neuroonkologischen Arbeitsgemeinschaft (NOA) ebenfalls vor gefährlichen Nebenwirkungen von Methadon gewarnt hatte, versuchte das Ganze herunterzuspielen. Natürlich gebe es bei jedem Medikament Nebenwirkungen, und: „Um Methadon flächendeckend einzusetzen, fehlt die Grundlage“, betonte er.
Honorare von Roche bekommen
Moderator Steffen Hallaschka versuchte unterdessen herauszufinden, warum es diese Grundlagen bislang noch nicht gibt. Schließlich sei der Effekt von Methadon seit zehn Jahren bekannt. Ob es möglich sei, dass Pharmainteressen eine Rolle spielten, wollte er von Wolfgang Wick wissen. Der Neuroonkologe gab zu, dass er von der Firma Roche Honorare für eine Studie zu Avastin bei Hirntumoren bekommen hat. Jedoch habe genau diese Studie dazu geführt, dass das Krebsmittel in Deutschland für diese Indikation nicht zugelassen worden sei. Ansonsten rechtfertigte Wick die bisherige Zurückhaltung immer wieder mit fehlenden Daten. Die Berichte von Krebspatienten, denen mit Methadon geholfen wurde, seien "nicht verallgemeinbar".
Nach der stern TV-Berichterstattung am 21. Juni über einzelne erstaunliche Erfolge von Methadon während der Krebstherapie hat die Redaktion nach eigenen Angaben Tausende Zuschriften erhalten. Betroffene, aber auch Ärzte und Apotheker interessierten sich für den Ansatz. Steffen Hallaschka „So ein überwältigendes Interesse hatten wir noch nie.“
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