Krebsärzte sehen Pflege kurz vor dem Burn-Out
Während die Gesundheitsminister Mitte der Woche in Bad Dürkheim tagten, befindet sich das Land im Ausnahmezustand: Seit Montag streikt das Pflegepersonal der Charité auf unbestimmte Zeit, am Mittwoch gab es eine bundesweite Protestaktion gegen den Pflegenotstand in deutschen Krankenhäusern. Nach verdi-Angaben haben sich mehr als 1.300 Kliniken daran beteiligt. Nun bekennt die onkologische Fachgesellschaft DGHO: „Wir unterstützen den Protest gegen den Pflegenotstand“. Auch bei der Versorgung von Patienten mit Krebs und Leukämie hätten in den letzten Jahren einschneidende Stellenstreichungen in der Pflege stattgefunden. Das habe zu einer stetigen Arbeitsverdichtung und fehlender Zeit für Zuwendung und Gespräche geführt. Zudem werde die Anfälligkeit für Fehler erhöht, kritisierte die 3.000 Mitglieder starke Organisation am Freitag.
Sorge über wachsende Burn-Out-Gefahr
„Wir beobachten mit Sorge eine zunehmende Frustration und die Gefahr von Burn-out bei Pflegenden“, sagte der DGHO-Vorsitzende Prof. Mathias Freund. „Viele Pflegende leiden besonders darunter, dass ein persönliches Wort für den Patienten, eine Begleitung in seinen Sorgen und Ängsten durch den Mangel an Zeit nicht mehr möglich ist.“
Ihren Unmut adressiert die DGHO an die Politik. Kosteneinsparungen mit zunehmendem Druck auf das Personal seien in der gegenwärtigen Konstruktion des DRG-Systems und in der finanziellen Deckelung angelegt und daher letztlich gesundheitspolitisch verursacht, so das Argument. Auch das geplante zeitlich begrenzte Pflegeförderprogramm ist aus Sicht der Krebsmediziner keine Lösung. „Der Umfang des Programms ist viel zu klein bemessen und nach Ablauf des Programmes müssen die Kliniken zusätzliche Stellen dann wieder selber finanzieren“, kritisierte Freund. Die Politik sei dringend zu einem Umdenken aufgefordert.
Unmut wird an der Charité ausgetragen
An der Charité setzen unterdessen mehrere Hundert Pflegekräfte ihren Arbeitskampf fort. Das Universitätsklinikum muss für ein Problem herhalten, zu dem es gar nichts kann. Denn die chronische Unterfinanzierung ist nicht hausgemacht, wie die bundesweiten Proteste zeigen, sondern ein politisches Problem. Darauf verweist auch der Charité-Vorstand. Dass die Gesundheitsminister dem etwas entgegenzusetzen hätten, ist nicht bekannt. Die Ankündigung aus Bad Dürkheim, künftig stärker auf Telemedizin setzen zu wollen, dürfte überlasteten Pflegekräften ziemlich realitätsfern vorkommen.
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