Krankheit und Armut sind eng verwandt

Einkommen und Lebenserwartung hängen eng zusammen – Foto: Matthias Buehner
Menschen mit einem niedrigen Sozialstatus haben ein deutlich erhöhtes Risiko für eine chronische Erkrankung. Auch ihr Risiko, vor dem 65. Geburtstag zu sterben, ist deutlich höher als bei Menschen mit hohem Sozialstatus. Außerdem schätzen sie ihren allgemeinen Gesundheitszustand und ihre gesundheitsbezogene Lebensqualität schlechter ein. Darauf wies der Epidemiologe Privatdozent Dr. Thomas Lampert vom Robert Koch-Institut im Rahmen des Kongresses Armut und Gesundheit in Berlin hin.
„Armutszeugnis Diabetes“
Die Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) zeigen deutliche Unterschiede: Frauen mit niedrigem Sozialstatus haben demnach ein 3,1-fach erhöhtes Diabetes-Risiko. Sie treiben deutlich seltener Sport und rauchen häufiger. Adipositas ist bei ihnen 4,4 mal häufiger als im Durchschnitt. Ihren eigenen Gesundheitszustand schätzen sozial benachteiligte Frauen 5,1 mal häufiger als nur mittelmäßig oder schlechter ein. Bei Männern sind die Unterschiede nicht ganz so groß. Ihr Diabetes-Risiko ist 1,8 mal höher als im Durchschnitt, Adipositas ist bei ihnen 2,3 mal häufiger und ihre gesundheitliche Selbsteinschätzung fällt vier mal häufiger bestenfalls mittelmäßig aus.
Arme Männer sterben 11 Jahre früher als reiche
Erstaunlich: Obwohl bei Männern die sozial bedingten Unterschiede im Gesundheitsstatus offenbar geringer sind als bei Frauen, wirken sie sich stärker auf Lebenserwartung und vorzeitige Sterblichkeit aus. Männer mit niedrigem Einkommen haben ein 2,7-fach höheres Risiko vor dem 65. Lebensjahr zu sterben als Männer mit hohem Einkommen (Frauen: 2,4–fach). Die mittlere Lebenserwartung von Männern in der niedrigen Einkommensgruppe ist bei Geburt 10,8 Jahre verkürzt, auch die sogenannte fernere Lebenserwartung ab 65 Jahre ist bei dieser Bevölkerungsgruppe 5,3 Jahre kürzer. Bei Frauen sind die Unterschiede mit 8,4 Jahren bei Geburt und 3,8 Jahren ab dem 65. Lebensjahr weniger stark ausgeprägt.
Lampert verwies darauf, dass die Weichen für diese Unterschiede schon in der frühen Kindheit gestellt werden. Das belegen Daten des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KIGGS) des RKI. Sie zeigen ein höheres Risiko für einen schlechten allgemeinen Gesundheitszustand für Kinder aus sozial schwachen Familien. Außerdem zeigen sie, dass diese Kinder seltener Sport treiben und häufiger adipositös sind. Sogar das Risiko für psychische Erkrankungen und Verhaltensauffälligkeiten ist bei ihnen erhöht.
Kongress Armut und Gesundheit
Vor diesem Hintergrund fordert Rolf Rosenbrock vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, dass das angekündigte Präventionsgesetz zügig und konsequent umgesetzt wird. Neben allen Sozialversicherungsträgern müssten auch Kommunen und zivilgesellschaftliche Akteure und Träger einbezogen werden. Das forderten beim Kongress Armut und Gesundheit auch einige Kommunen, wie zum Beispiel die Stadt Kassel, und die Länder, allen voran Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks.
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