Kopfschmerzen: Wer zu oft Tabletten nimmt, kann das Problem verstärken
200 verschiedene Arten von Kopfschmerz unterscheidet die internationale Kopfschmerzgesellschaft in ihrer Klassifikation. Kopfschmerzen können selbst eine Krankheit sein – dann spricht die Medizin von „primärem Kopfschmerz“. Sie können aber auch ein Symptom für andere körperliche oder seelische Krankheiten oder Störungen sein („sekundärer Kopfschmerz“). Kopfschmerzen können nach übermäßigem Alkoholkonsum in Form eines „Katers“ auftreten, Begleitsymptom eines fieberhaften Infektes sein, aber auch ein möglicher Hinweis auf eine schwerwiegende Erkrankung (Beispiel: Hirnhautentzündung). In der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 zeigte ich: Auch das Arbeiten mit Atemmaske und Schutzbrille kann Kopfschmerzen beim medizinischem Personal begünstigen.
Zwei Drittel der Deutschen kennen Kopfschmerzen
Mehr als zwei Drittel der Deutschen kennen laut einer Studie der Schmerzklinik Kiel das Phänomen Kopfschmerz. Weil Kopfschmerz lästig ist, Lebensqualität und Leistungsfähigkeit im Alltag beeinträchtigt, aber eben auch vertraut ist, greifen viele in eigener Regie zu Schmerzmitteln – ebenfalls vertraut („Selbstmedikation“). Drei Millionen Deutsche nehmen statistisch am Tag eine Kopfschmerztablette.Viele Deutsche haben nach einer Studie des Marktforschungsinstituts GfK ein „Lieblings-Schmerzmittel".
„Gut wirksam sind nach derzeitiger Datenlage bei leichten bis mittelschweren Kopfschmerzen Acetylsalicylsäure (ASS) und Ibuprofen“, schreiben die Experten des Gesundheitsmagazins „Apotheken Umschau". Bei Migräne habe sich ein Kombinationspräparat aus Paracetamol, ASS und Koffein als etwas wirkungsvoller erwiesen als die Einzelsubstanzen. Auch sanfte Methoden können gegen Kopfschmerzen helfen. Beispiel: Pfefferminzöl, auf die Schläfen und den Nacken aufgetragen.
Kopfweh: „Pro Anfall und Tag nicht mehr als drei Tabletten“
Diese Medikamente helfen in der Regel zuverlässig. „Allerdings hat die Selbstmedikation klare Grenzen“, heißt es in der Apotheken Umschau weiter. „Pro Anfall und Tag sollten es nicht mehr als drei Tabletten sein. Akut-Kopfschmerzmittel sollte man höchstens an zehn Tagen pro Monat und drei aufeinanderfolgenden Tagen einnehmen. Sonst drohen als Folge dauernde Kopfschmerzen. Denn dadurch werden Kerngebiete des Trigeminus-Nervs empfindlicher."
Kopfschmerzen mit Maß bekämpfen: Das besagt die „10/20-Regel“
Der Trigeminus-Nerv hat seinen Ursprung im Gehirn und versorgt Gesicht, Kaumuskeln, Mund- und Nasenhöhle mit Fasern für die Wahrnehmung und die Motorik. Die Folge von regelmäßigem Schmerzmittelkonsum könne sein, dass der Mensch irgendwann auf ganz banale Reize mit Kopfschmerzen reagiere, erklärt Dagny Holle-Lee vom Westdeutschen Kopfschmerzzentrum. Damit es nicht so weit kommt, empfehlen Ärzte die sogenannte 10/20-Regel als Maßstab: 20 Tage pro Monat ohne, höchstens 10 Tage mit Kopfschmerzmitteln.
Spannungskopfschmerz am häufigsten
Nach Erkenntnissen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) ist die in der Bevölkerung am häufigsten auftretende Art von Kopfschmerz der Spannungstyp („Spannungskopfschmerz“). Die Betroffenen berichten über einen drückenden beidseitigen Kopfschmerz („wie ein Band um den Kopf“), der Schmerz geht meist ohne weitere Begleitsymptome einher und verstärkt sich nicht durch körperliche Aktivität. Neurologischer Befund und Zusatzuntersuchungen sind hier in der Regel unauffällig.
Beim Spannungskopfschmerz unterscheidet man das episodische Auftreten an weniger als 15 Tagen im Monat und die chronische Form, die an 15 oder mehr Tagen im Monat auftritt. „Gelegentliche Kopfschmerzen vom Spannungstyp beeinträchtigen die Lebensqualität in aller Regel nicht wesentlich und sprechen gut auf einfache Schmerzmittel an“, heißt es bei der DMKG. Viele Patienten hätten als Begleiterscheinung aber eine druckempfindliche Schulter- und Nackenmuskulatur.
Psychosoziale Belastungen können zu Chronifizierung führen
Obwohl Spannungskopfschmerz eine häufige Erkrankung ist, ist noch immer ungeklärt, was ihn entstehen lässt. Die gängigste Hypothese geht von einem Zusammenwirken von Stress und erhöhter Anspannung der Nackenmuskulatur aus, was bei häufigem Auftreten zu einer gesteigerten Empfindlichkeit der Schmerzzentren im Gehirn führt. Als Risikofaktor für eine Verstetigung (Chronifizierung) gelten psychosozialen Belastungen.
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