Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Köder statt Penicillin: Forscher entwickeln Alternative zu Antibiotika

Montag, 3. November 2014 – Autor:
Wissenschaftler aus Bern haben eine neue Substanz zur Behandlung bakterieller Infektionen entwickelt. In ersten Experimenten konnten an Sepsis erkrankte Mäuse ganz ohne Antibiotika gesunden. Der neue Bakterienköder wird derzeit für den Einsatz am Menschen weiterentwickelt.
Köder statt Penicillin: Forscher entwickeln Alternative zu Antibiotika  Köder statt Penicillin: Forscher entwickeln Alternative zu Antibiotika

Ins Netz gegangen: Nanopartikel fangen die bakteriellen Eindringlinge ein und machen sie unschädlich

Antibiotika sind bislang unerlässlich, um schwere bakterielle Infektionen wie eine Sepsis zu behandeln. Da aber immer mehr Bakterien Resistenzen gegen Antibiotika entwickeln, wird weltweit an alternativen Behandlungsmöglichkeiten geforscht. Nun melden Wissenschaftler aus Bern einen viel versprechenden Erfolg. Wie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nature Biotechnology zu lesen ist, konnten die Wissenschaftler Nanopartikel herstellen, die von den Bakterien ausgestoßene Giftstoffe einfangen und neutralisieren. Dadurch werden die Bakterien ungefährlich und können von den Zellen des Immunsystems überwältigt und unschädlich gemacht werden. Bei den künstlich hergestellten Nanopartikeln handelt es sich um Liposome, die aus Bestandteilen der Fettschicht von Körperzellen gebildet werden. Liposomen werden unter anderem verwendet, um Medikamente in den Körper zu transportieren.

Köder-Funktion von Liposomen statt Antibiotika

Die Berner Wissenschaftler setzten nun Liposomen so zusammen, dass sie bakterielle Giftstoffe anziehen und so die Körperzellen vor diesem gefährlichen «Beschuss» schützen. Dass die so erzeugten Liposome tatsächlich an erkrankten Organismen ihre Köder-Funktion erfüllen, konnten die Wissenschaftler an Experimenten mit Mäusen belegen. Die an Sepsis erkrankten Mäuse wurden nach einer Behandlung mit den Liposomen ganz ohne Antibiotika wieder gesund. Ohne Behandlung hätten die Mäuse ihre Blutvergiftung nicht überlebt.

«Wir haben einen unwiderstehlichen Köder für bakterielle Toxine kreiert“, sagt Studienleiter Eduard Babiychuk vom Institut für Anatomie der Universität Bern. „Darum attackieren sie die Liposomen und werden dort gezielt eingefangen und unschädlich gemacht, ohne dass sie Schaden an unseren Körperzellen anrichten können.“ Die neue Substanz hat laut Babiychuk noch einen weiteren Vorteil: Da die Wirkung der Liposomen sich nicht gegen die Bakterien selber richtet, kann sich auch keine Resistenz entwickeln.

Schweizer Biotechfirma entwickelt aus den Liposomen ein Medikament

Die Wissenschaftler haben die neue Substanz nun zum Patent angemeldet und lassen sie von der Genfer Biotechnologiefirma LASCCO SA derzeit zu einem Medikament weiterentwickeln. Das Medikament CAL02 soll in naher Zukunft auch bei Menschen eingesetzt werden können. Eine erste klinische Studie mit Patienten, die an einer schweren Lungenentzündung durch Streptokokken leiden, sei zur Zeit in Planung, schreiben die Schweizer Forscher in der November-Ausgabe von Nature Biology,

Die Originalpublikation: Brian D. Henry, Daniel R. Neill, Katrin Anne Becker, Suzanna Gore, Laura Bricio-Moreno, Regan Ziobro, Michael J. Edwards, Kathrin Mühlemann, Jörg Steinmann, Burkhard Kleuser, Lukasz Japtok, Miriam Luginbühl, Heidi Wolfmeier, André Scherag, Erich Gulbins, Aras Kadioglu, Annette Draeger & Eduard B. Babiychuk: Engineered liposomes sequester bacterial exotoxins and protect from severe invasive infections in mice, Nature Biotechnology, 2.11.2014, doi:10.1038/nbt.3037

Foto: © psdesign1 - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Infektionskrankheiten , Antibiotika , Antibiotikaresistenzen

Weitere Nachrichten zum Thema Antibiotika

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin