Kniearthrose: Entscheidungshilfe für und wider Gelenkersatz-OP

– Foto: Adobe Stock/Andrey Popov
Kniearthrose kann sehr schmerzhaft sein. Wann braucht der Patient einen Gelenkersatz? Oder lässt sich die OP mit konservativen Methoden hinauszögern? Jetzt gibt es eine Entscheidungshilfe im Internet (www.gesundheitsinformation.de/pdf/kniearthrose/eh_behandlungen_kniearthrose.pdf?rev=138779).
Die hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erstellt. Sie soll Betroffene dabei unterstützen, sich gemeinsam mit ihrem Arzt für oder gegen eine Behandlungsoptionen bei Kniegelenkarthrose zu entscheiden.
Beide Behandlungswege haben Vor- und Nachteile
Bei vielen Krankheiten gibt es mehr als eine Behandlungsmöglichkeit. Oft ist keine der Alternativen ideal, jede hat ihre Vor- und Nachteile. Dann hängt es stark von der persönlichen Situation und den eigenen Wünschen ab, was die beste Wahl ist. Einen zweiten Arzt zu befragen, kann bei der Entscheidung helfen. Gesetzlich Krankenversicherte haben Anspruch auf das Einholen einer ärztlichen Zweitmeinung bei festgelegten planbaren Operationen.
In Deutschland geben etwa vier Prozent aller Erwachsenen an, von einer ärztlich behandelten Kniearthrose betroffen zu sein. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu und steigt etwa ab dem 40. Lebensjahr stetig an. Die Zahl der Kniegelenkersatz-Operationen steigt seit 2013 kontinuierlich an, 2019 wurden bundesweit knapp 194.000 Implantationen durchgeführt. Dabei werden die Operierten immer jünger. Auffallend ist auch, dass die Operationshäufigkeiten je nach Wohnort sehr unterschiedlich sind, heißt es weiter beim IQWiQ.
Gut trainierte Muskeln stabilisieren das Gelenk
Bei Kniearthrose nehmen die Beschwerden meist über viele Jahre eher langsam zu oder bleiben sogar stabil. Sie kann aber auch in Schüben auftreten - dann wechseln sich Phasen stärkerer Beschwerden mit beschwerdefreien oder beschwerdearmen Phasen ab. Bei einem kleinen Teil der Menschen mit Kniearthrose sind die Beschwerden irgendwann so stark, dass sie sich für einen Eingriff entscheiden.
Heilen lässt sich Arthrose nicht. Es gibt aber verschiedene Möglichkeiten, die Beschwerden zu lindern. Ein wichtiger Baustein der konservativen (nicht operativen) Therapie ist die Bewegungstherapie, weil gut ausgebildete Muskeln das Kniegelenk stabilisieren und schützen. Zudem erreichen die Nährstoffe aus der Gelenkflüssigkeit den Knorpel nur durch Druck – etwa beim Gehen oder gezielten Training.
Kniearthrose: Entscheidungshilfe Gelenkersatz-OP
Die Bewegungstherapie bei Kniearthrose kann durch weitere Behandlungsoptionen wie Schmerztherapie, Gewichtsreduktion oder Hilfsmittel (Schuheinlagen, Kniebandagen oder -schienen) ergänzt werden.
Entscheidungshilfe für und wider Gelenkersatz-OP: Ein Gelenkersatz kommt infrage, wenn über mehrere Monate starken Schmerzen bestehen, die die Lebensqualität beeinträchtigen - und wenn eine konservative Therapie die Beschwerden nicht ausreichend lindern kann. Bei dieser Operation wird das natürliche Kniegelenk ganz oder teilweise durch eine Prothese aus Metall und Kunststoff ersetzt.
Eingriff dauert 1 bis 2 Stunden
"Ein Gelenkersatz kann fortgeschrittene Kniearthrose bei den meisten Betroffenen sehr wirksam lindern - aber natürlich hat so ein großer Eingriff auch Risiken. Zudem wissen wir aus Studien, dass eine gute konservative Behandlung helfen kann, eine Operation mehrere Jahre hinauszuzögern oder sogar ganz zu vermeiden", betont Roland Büchter aus dem IQWiG-Ressort Gesundheitsinformation.
Der Eingriff selbst dauert etwa 1 bis 2 Stunden. Meist wird bereits am Tag der Operation mit Bewegungsübungen be gonnen. Je nach Heilungsverlauf und Art des Gelenkersatzes kann sich eine dreiwöchige Rehabilitation (ambulant oder stationär) anschließen, um die Heilung zu unterstützen und die Beweglichkeit zu verbessern. Man lernt auch, worauf im Alltag mit einer Prothese zu achten ist.
Nach 6 bis 9 Monaten Heilung abgeschlossen
Nach etwa sechs Wochen ist das operierte Knie im Alltag wieder belastbar. Nach etwa 2 bis 3 Monaten kann man je nach Beruf und Heilungsverlauf wieder arbeiten und knieschonenden Sport ausüben. Nach etwa 6 bis 9 Monaten ist die Heilung vollständig abgeschlossen. Berufe, bei denen man viel kniet, hockt oder auf unebenem Boden arbeitet, lassen sich mit einem künstlichen Knie nicht gut ausüben.
Etwa fünf bis zehn Prozent der eingesetzten künstlichen Kniegelenke werden innerhalb von zehn Jahren nachoperiert. Dabei lässt sich auch die Frage, ob bei Problemen mit der Prothese wirklich ein zweiter Eingriff nötig ist, nicht immer leicht beantworten. Daher gibt es für die Nachoperation ebenfalls das Recht auf eine zweite Meinung.