Klassische „Pille“ bei jungen Frauen immer unbeliebter

Der Anteil der Mädchen und jungen Frauen, die die klassische Pille verordnet bekommen, ist auf 32 Prozent gesunken – Foto: © Adobe Stock/ Antonioguillem
Die klassische Antibabypille wird bei jungen Frauen immer unbeliebter: Das zeigt eine Auswertung von Daten gesetzlicher Versicherter durch das Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO). Danach sank 2021 der Anteil der Mädchen und jungen Frauen, die die klassische Pille verordnet bekamen, auf 32 Prozent. Im Jahr 2010 lag der Wert noch bei 46 Prozent. Der Abwärtstrend ist demnach nur im Jahr 2020 - nach der Anhebung der Altersgrenze für die Verordnung der Pille auf GKV-Kosten von 20 auf 22 Jahre - unterbrochen worden.
Pille kein Lifestyle-Präparat
„Eine Erklärung für den insgesamt rückläufigen Trend bei den Pillenverordnungen kann sein, dass immer mehr jungen Frauen bewusst ist, dass es sich bei der Pille nicht um ein Lifestyle-Präparat handelt, sondern dass in den Hormonhaushalt eingegriffen wird. Das wiederum kann Nebenwirkungen nach sich ziehen", sagt Dr. Eike Eymers, Ärztin im Stab Medizin des AOK-Bundesverbandes.
Die klassischen Antibabypillen enthalten eine Kombination aus zwei verschiedenen Hormonen: einem künstlichen Östrogen und einem künstlichen Gestagen. Viele der sogenannten oralen Kombinationspräparate sind mit einem erhöhten Risiko für die Bildung von Thrombosen und Embolien verbunden. Mono-Präparate, die auch als Minipille bezeichnet werden, enthalten dagegen nur das Hormon Gestagen. Das Thrombose-Risiko ist dadurch wesentlich geringer.
Fast jede zweite verordnete Pille mit erhöhtem Risiko
Aus Sicht der AOK werden die risikoreicheren Kombi-Präparate der ersten Generation aber immer noch zu häufig verordnet. Ihr Anteil lag im vergangenen Jahr bei 48,2 Prozent. "Das ist immer noch sehr viel und kritisch zu bewerten. Denn es gibt auch bei den Kombinationspräparaten durchaus Alternativen, deren niedriges Risiko durch Langzeitstudien belegt ist", betont Eike Eymers. Insbesondere bei Mädchen und Frauen mit einem erhöhten Grundrisiko wie beispielsweise Übergewicht oder Rauchen sollten bevorzugt risikoärmere Gestagene wie Levonorgestrel zum Einsatz kommen.
Eine Auswertung der verordneten Wirkstoffe zeigt jedoch, dass noch viel Luft nach oben ist. So blieb der Verordnungsanteil von Dienogest auch im Jahr 2021 mit 35 Prozent auf ungefähr dem gleichen Niveau wie im Jahr zuvor mit 36 Prozent. Dabei ist das Risiko dieses Wirkstoffes für venöse Thromboembolien in Kombination mit dem Östrogen Ethinylestradiol um das 1,6-fache erhöht.
Gute Aufklärung über Risiken und Nebenwirkungen erforderlich
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) rät von der Verordnung von Dienogest bei Risiko-Patientinnen ab. Medizinerin Eymers fasst zusammen: „Insgesamt haben Ärztinnen und Ärzte im Zeitraum der vergangenen zehn Jahren zwar mehr risikoärmere Wirkstoffe verordnet. In den letzten Jahren sind jedoch nur geringfügige Verschiebungen in Richtung der risikoärmeren Pillen zu beobachten gewesen.“ Insbesondere junge Frauen sollten sich eingehend von ihrer Ärztin über die Risiken und Symptome aufklären lassen und möglichst auf ein Präparat der zweiten Generation zurückgreifen.