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Kinderrheuma: Die Weichen werden früh gestellt

Freitag, 10. Oktober 2014 – Autor:
Die Behandlung der Juvenilen Idiopathischen Arthritis – die häufigste Form von Kinderrheuma - hat sich in den letzten Jahren stark verbessert. Problematisch ist allerdings nach wie vor der Übergang in die Erwachsenenmedizin.
Kinderrheuma: Die Weichen werden früh gestellt

Was sich anfühlt wie eine harmlose Verstauchung kann in Wahrheit Kinderrheuma sein. Anlässlich des Weltrheumatags 2014 raten Experten, bei Kindern auch an eine rheumatische Erkrankung zu denken

Rheuma ist anders als vielfach angenommen keine typische Alte-Leute-Krankheit. Allein an der Juvenilen Idiopathischen Arthritis (JIA), der häufigsten Form von Kinderrheuma, erkranken jedes Jahr in Deutschland rund 1.400 Kinder und Jugendliche. Schätzungen zufolge sind insgesamt etwa 15.000 Kinder zwischen zwei und 18 Jahren von einer JIA betroffen. Die Diagnose der Erkrankung ist allerdings nicht immer leicht. „JIA lässt sich häufig nur schwer erkennen, da der erste Erkrankungsgipfel zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr liegt, also wenn Kinder sich noch nicht richtig verständlich machen können“, sagt Prof. Dr. Gerd Horneff, Chefarzt am Zentrum für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie der Asklepios Klinik Sankt Augustin. Kinder in diesem Alter klagten eher weniger über Schmerzen, sondern nähmen vielmehr eine Art Schonhaltung ein, um schmerzhafte Bewegungen zu vermeiden. „Kleine Kinder krabbeln nicht mehr, weil ihnen die Hände wehtun, oder ältere Kinder wollen keine Treppen mehr steigen und ständig auf den Arm“, erläutert der Pädiater. Bei derartigen Anzeichen sollten Eltern immer auch an Rheuma denken und lieber früher als später einen Spezialisten aufsuchen.

Rheuma: Mehr Kinder können beschwerdefrei ins Erwachsenenalter gehen

Wie wichtig eine frühe Diagnose von Rheuma im Kindealter ist, zeigt eine aktuelle Untersuchung: Demnach weist rund die Hälfte der Kinder, die innerhalb der ersten zwei Erkrankungsmonate einen Kinderrheumatologen aufsuchen, bereits ein Jahr nach der Diagnose eine inaktive Erkrankung auf. Bekommen die Kinder erst sechs Monate oder später eine Diagnose, ist nur jeder dritte Patient nach einem Jahr Behandlung beschwerdefrei. „Es ist belegt, dass das frühe Erreichen einer inaktiven Erkrankung die Langzeitprognose bestimmt und das Risiko für Folgeschäden wie dauerhafte Gelenkveränderungen reduziert“, sagt die Kinderrheumatologin PD Dr. Kirsten Minden von der Charité und dem Deutschen Rheumaforschungszentrum Berlin. „Die Weichen für den Krankheitsverlauf werden bei Rheuma also schon früh gestellt.“

Dass es heute insgesamt mehr Kindern mit Rheuma besser geht als noch vor 15 Jahren, zeigen unter anderem die Daten aus der Kerndokumentation rheumakranker Kinder. Demnach lässt sich die entzündliche Erkrankung heute besser kontrollieren, die Kinder sind deutlich seltener im Alltag eingeschränkt und profitieren im Vergleich zu früher von mehr Lebensqualität. Nur noch jedes zweite Kind geht mit einer behandlungsbedürftigen Erkrankung ins Erwachsenenalter. Dr. Kirsten Minden führt die Verbesserungen insbesondere auf eine frühere Behandlung rheumakranker Kinder mit Basismedikamenten sowie die Einführung der Biologika zurück. „Dadurch gelingt es immer öfter eine Remission zu erzielen", so die Kinderrheumatologin.

Transition nicht nur bei Rheuma ein Problem

Verbesserungsbedarf sieht die Expertin allerdings noch in den Versorgungsstrukturen. So gebe es in Deutschland ungefähr ein Drittel zu wenige ambulante Angebote für Kinder mit Rheuma und auch der Übergang zur Erwachsenenmedizin sei noch nicht befriedigend gelöst. „Nur weil jemand 18 geworden ist, heißt das ja nicht, dass er ab sofort eigenverantwortlich mit der Erkrankung umgehen kann“, sagt Minden und fordert wie auch die entsprechenden Fachgesellschaften einen strukturierten Übergang von der Kinder- und Jugend in die Erwachsenenmedizin. Eine Problematik, die das Berliner Transitionsprogramm bereits vor Jahren aufgegriffen hat. Chronisch kranke Jugendliche etwa mit Diabetes oder Rheuma erfahren hier eine besondere Betreuung, die ihnen den Übergang in die Erwachsenenmedizin erleichtern soll. Kürzlich haben auch die Kassen ein bundesweites Projekt zur Integrierten Versorgung angekündigt. Die Transition soll darin Berücksichtigung finden, heißt es.

Foto: © JPC-PROD - Fotolia.com

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Hauptkategorie: Medizin
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