Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Kinder psychisch kranker Eltern werden oft vergessen

Donnerstag, 2. Februar 2017 – Autor:
Rund 600.000 Kinder in Deutschland haben psychisch kranke Eltern. Das bedeutet für viele ein langer Leidesweg. Mit einem Eckpunktepapier will nun das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) die Situation der Betroffenen verbessern.
Stilles Leid: Kinder psychisch kranker Eltern brauchen mehr Aufmerksamkeit

Stilles Leid: Kinder psychisch kranker Eltern brauchen mehr Aufmerksamkeit – Foto: EJ White - Fotolia

Depressionen, affektive Störungen oder Alkoholsucht: Wenn Kinder mit psychisch kranken Eltern aufwachsen, ist das eine enorme Belastung und hat Auswirkungen auf ihre Entwicklung. Studien zufolge haben betroffene Kinder ein bis zu 6-fach erhöhtes Risiko, später selbst einmal eine Abhängigkeitserkrankung zu entwickeln. Doch die Leitragenden fallen im deutschen Gesundheitssystem durchs Raster. Dabei soll es allein in Deutschland rund 600.000 betroffene Kinder geben. Dass der Hilfebedarf enorm ist und nur selten ausreichend gedeckt wird, darauf wies das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) auf einer Fachtagung vergangene Woche in Berlin hin.

Belastung führt zu Entwicklungsdefiziten

„Wenn Eltern krank sind, betrifft das auch immer ihre Kinder“, sagte Caren Marks, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), bei der Veranstaltung. Gerade Kinder, deren Eltern an einer psychischen Erkrankung leiden, brauchten Unterstützung.

Dr. med. Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgAerklärte: „Insbesondere jüngeren Kindern von Eltern mit einer psychischen Erkrankung merkt man häufig nicht an, wie belastet sie schon sein können. Sie wirken oft ruhig und unauffällig. Erst mit der Zeit wird deutlich, dass sie zum Teil erhebliche Entwicklungsdefizite aufweisen.“

Das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH), das eng mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) kooperiert, hilft betroffene Familien. Gefördert vom BMFSF unterstützt es seit 2007 die Fachpraxis dabei, familiäre Belastungen und Ressourcen früher zu erkennen, bedarfsgerechte Angebote bereitzustellen und die Vernetzung der unterschiedlichen Berufsgruppen zu fördern. Außerdem koordiniert das NZFH die Bundesinitiative Frühe Hilfen auf Bundesebene.

Eckpunktepapier für eine bessere Vernetzung

Das Angebot gerät jedoch vielfach an seine Grenzen. Erforderlich sei eine engere Kooperation mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst mit seinen sozialpsychiatrischen und sozialpädiatrischen Diensten, teilte eine Sprecherin des Zentrums mit. „Das Erkennen der elterlichen Erkrankung und eine im Bedarfsfall professionelle oder ehrenamtliche Begleitung können diesen Eltern helfen, besser für ihre Kinder zu sorgen und deren Chancen auf ein gesundes Aufwachsen zu erhöhen.“

Ein auf der Tagung vorgestelltes Eckpunktepapier soll nun die Situation der betroffenen Kinder verbessern. Auf 28 Seiten wird einerseits die Versorgungssituation beleuchtet, andererseits beinhaltet es Empfehlungen zu einer besseren Vernetzung der psychiatrischen Versorgungssysteme mit den präventiven, niedrigschwelligen Angeboten der Frühen Hilfen. Dutzende Fachgesellschaften haben das Papier unterzeichnet, darunter der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. und die Bundespsychotherapeutenkammer. Auf http://www.fruehehilfen.de/ ist es einsehbar.

Foto: © EJ White - Fotolia.com

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Berlin , Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Kinder , Psychische Krankheiten , Depression

Weitere Nachrichten zum Thema Psychische Erkrankungen

23.06.2018

Forscher haben in einer aktuellen Studie wichtige molekulare Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen nachweisen können. Die Ergebnisse könnten dazu führen, die Diagnosekriterien für psychische Erkrankungen neu zu überdenken.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin