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Keine Freude am Baby: Wie Müttern mit Bindungsstörung geholfen werden könnte

Mittwoch, 7. August 2019 – Autor: Anne Volkmann
Kündigt sich Nachwuchs an, ist die Vorfreude meist groß. Doch nicht immer will sich beim Anblick des Babys das erwartete Glücksgefühl der Mutter einstellen. An der Universität Heidelberg wird nun untersucht, ob sich die Bindung zum eigenen Baby durch eine Therapie gezielt verbessern lässt.
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Nicht allen Müttern gelingt es, eine enge Bindung zum eigenen Baby aufzubauen – Foto: ©Vasyl - stock.adobe.com

Mütter, die keine enge Bindung zu ihrem Baby aufbauen können, leiden darunter meist sehr und geben sich zudem selbst die Schuld an ihrem vermeintlichen „Versagen“. In einem Forschungsprojekt am Zentrum für Psychosoziale Medizin Heidelberg untersucht die Wissenschaftlerin Dr. Monika derzeit, wie sich den betroffenen Frauen helfen lässt. In einem aktuellen Projekt prüft sie, ob sich durch gezieltes, auf Neurofeedback basierendes Training ein positiver Rückkoppelungseffekt erzielen lässt, der die Mutter-Kind-Bindung stärkt.

Positive soziale Aktionen stärken Wohlbefinden

Die Beziehung zu anderen Menschen beeinflusst unser psychisches und physisches Wohlbefinden stark. Wie jemand mit seinen Mitmenschen in Kontakt und Beziehung tritt, wird zum Teil über Hormone vermittelt, unter anderem über das Beziehungshormon Oxytocin. Mit den Wechselwirkungen zwischen Lernerfahrung und Oxytocin in der sozialen Interaktion beschäftigt sich Dr. Eckstein sein langem. In einer Studie konnte sie zeigen, dass Oxytocin die Verknüpfung von Gesichtern mit Furcht oder auch dem Gefühl von Sicherheit unterstützt.

In aktuellen Arbeiten am Zentrum für Psychosoziale Medizin Heidelberg entdeckte die Forscherin außerdem mit Hilfe von Hirnscans im Magnetresonanztomographen (MRT), dass bei der positiven sozialen Interaktion von Paaren das hirneigene Belohnungszentrum aktiviert, Stress reduziert und das Schmerzempfinden gedämpft werden. „Meine Studien deuten darauf hin, dass positive soziale Interaktionen durch wiederholte Erfahrungen mit einem emotionalen Gehalt, z.B. einem Gefühl der Geborgenheit, verknüpft werden können – was sich auch auf das körperliche Wohlbefinden auswirkt. Das möchte ich für die Anwendung im klinischen Alltag und die Entwicklung innovativer Interventionen nutzbar machen“, so Eckstein.

Neurofeedback soll Mutter-Kind-Bindung stärken

Im Rahmen einer von der Dietmar Hopp Stiftung geförderten Studie untersucht die Forscherin derzeit, ob sich ihre Erkenntnisse nutzen lassen, um Müttern zu helfen, die im Kontakt zu ihrem Baby Schwierigkeiten haben, positive Gefühle zu empfinden. „Mütter mit einer solchen postpartalen Bindungsstörung leiden sehr unter der Situation. Therapeutische Unterstützung würde nicht nur die Lebensqualität der Mütter verbessern, sondern auch die psychisch gesunde Entwicklung der Kinder fördern“, erläutert Eckstein.

In ihrer Studie testet sie die Wirksamkeit eines wiederholten Neurofeedbacks: Während der Messung im MRT werden die Mütter aufgefordert, die Aktivität in einem bestimmten Hirnareal willentlich zu steigern, z. B. indem sie an eine beglückende oder lustige Situation mit dem Kind zurückdenken. Gleichzeitig erhalten sie in Echtzeit eine Rückmeldung über die Aktivität des Belohnungszentrums im Gehirn bei diesen Gedanken.

„Die Probandinnen lernen, beim Anblick ihres Kindes eine spezifische Gehirnaktivität zu erzeugen und damit positive Gefühle aufzurufen. Wir hoffen, dass das Gehirn auf dies Weise lernt, den Kontakt zum Kind insgesamt positiv zu verknüpfen, und dass durch Oxytocin- und auch Dopamin-Ausschüttung die Mutter-Kind-Bindung gefestigt wird“, beschreibt die Psychologin die Ziele des Projekts.

Bindungsfähigkeit weiter erforschen

Schon jetzt sind weitere Projekte, die ähnliche Ziele verfolgen, in Planung. „Dr. Monika Eckstein forscht sehr engagiert in einem für die psychotherapeutische Versorgung wichtigen Themenbereich, denn die Frage nach der Bindungsfähigkeit spielt bei fast allen psychischen Beschwerden eine Rolle. Ihre Arbeit ist beispielhaft für die Translation von Erkenntnissen aus der neurobiologischen Forschung hin zu klinischen Interventionen“, sagt Prof. Dr. Andreas Draguhn, Dekan der Medizinischen Fakultät Heidelberg.

Eckhart selbst erklärt: „Es könnte durchaus lohnend sein, Partnerschaft und soziales Umfeld im medizinischen und therapeutische Kontext zu berücksichtigen: So könnten die stress- und schmerzlindernden Effekte von sozialer Interaktion mit Partner und Familie in Therapien nutzbar gemacht werden. Dies möchte ich zukünftig noch weiter fokussieren.“ Für ihre bisherige Arbeit hat Eckstein den Anita- und Friedrich-Reutner-Preis der Medizinischen Fakultät Heidelberg erhalten.

Foto: © Vasyl - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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