Keine Demenz trotz Alzheimer Plaques!

Wenn sich Alzheimer Plaques ausbreiten, reagiert das Gehirn offenbar mit gesteigerter Aktivität
Ablagerungen aus dem Eiweißstoff Beta-Amyloid sind typische Zeichen für Morbus Alzheimer. Die Plaques lassen sich prinzipiell schon nachweisen, bevor sich erste demenzielle Veränderungen bemerkbar machen. Einige Menschen bleiben trotz dieser Ablagerungen sogar bis ins hohe Alter geistig fit. Verblüffende Studienergebnisse haben jetzt Forscher um William Jagust von der University of California in Berkeley im Fachmagazin "Nature Neuroscience" vorgelegt. Die Forscher konnten zeigen, dass eine verstärkte Hirnaktivität eine verminderte Gedächtnisleistung kompensieren kann. Zumindest bei manchen Menschen für eine gewisse Zeit.
Verstärkte Hirnaktivität wider das Vergessen
Der Neurowissenschaftler Jagust hatte in seiner Studie die Gedächtnisleistung von 22 jüngeren und 49 älteren Personen (im Durchschnitt 76 Jahre) untersucht. In den Tests ging es darum, sich Details von Bildern zu merken. Bei 16 der älteren Studienteilnehmer fanden die Wissenschaftler Beta-Amyloid-Ablagerungen im Gehirn; jedoch schränkten die Plaques ihre geistige Leistungsfähigkeit keineswegs ein. Die 16 Testpersonen schnitten in dem Merk-Test nicht schlechter ab als die anderen Studienteilnehmer. MRT-Aufnahmen zeigten allerdings doch einen Unterschied: Vor allem bei jenen Teilnehmern mit Beta-Amyloid-Plaques war eine stärkere Aktivität in den Gehirnregionen für visuelle Verarbeitung und Gedächtnis zu beobachten, wenn Details abgefragt wurden, also wenn mehr Gehirnaktivität erforderlich war. Auch unbeteiligte Hirnareale waren bei ihnen aktiver.
Kann man den Kompensationsmechanismus willentlich beeinflussen? – Noch sind viele Fragen offen
Neurowissenschaftler Jagust sieht darin einen Schutzmechanismus des Gehirns: "Anscheinend hat das Gehirn dieser Menschen einen Weg gefunden, die schädigende Wirkung der Beta-Amyloide zu kompensieren.“ Wie lange die Vergesslichkeit durch die gesteigerte Hirnaktivität hinausgezögert werden kann, ist aber momentan ebenso unklar wie die Frage, ob dies willentlich beeinflussbar ist. Hier können nur Langzeitstudien Klarheit schaffen.
Die Studie erschien kurz vor dem Welt-Alzheimertages am 21. September. Nach Angaben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft leben weltweit 44 Millionen Menschen mit Demenzerkrankungen. In Deutschland sind es etwa 1,5 Millionen Betroffene. Ungefähr 60 Prozent davon leiden an einer Demenz vom Typ Alzheimer. Ihre Zahl wird bis 2050 auf 3 Millionen steigen, sofern kein Durchbruch in der Therapie gelingt. Der Welt-Alzheimertag will auf die immense gesellschaftliche Herausforderung aufmerksam machen.
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