
Im Flugzeug kommen Mikroben aus verschiedensten Regionen zusammen
Noroviren, E. coli, MRSA – Diese und andere Keime fühlen sich in Flugzeugen besonders wohl. Und dabei sind sie nicht unbedingt auf den Toiletten am häufigsten zu finden, was zu vermuten wäre. Scheinbar „harmlosere“ Orte wie Sitzlehnen, Anschnallgurte und Klapptische sind besonders stark verseucht, wie Untersuchungen zeigen konnten. Nun haben Forscher der Friedrich-Schiller-Universität Jena die erste systematische Übersichtsarbeit über Krankheitserreger auf Materialien in Flugzeugen vorgelegt. Sie konnten zeigen, dass die Oberflächen in Flugzeugen von verschiedenen Arten potenziell gefährlicher Mikroorganismen besiedelt werden, die Infektionskrankheiten auslösen könnten.
Klapptische, Armlehnen und Türgriffe sind „Hotspots“ für Keime
Im Jahr 2017 wurden 4,1 Milliarden Fluggäste befördert, eine Rekordzahl. Das sind aber auch 4,1 Milliarden potenzielle Quellen für die rasche Verbreitung von Infektionen mit Keimen, die früher geografisch begrenzt waren. „Materialoberflächen in Flugzeugkabinen sind ein einzigartiger Lebensraum für Mikroben“, erklärt Prof. Klaus Jandt vom Otto-Schott-Institut für Materialforschung der Universität Jena. „Kein anderes Verkehrsmittel überbrückt in kurzer Zeit so große Distanzen zwischen Ländern und Kontinenten und verbindet Regionen mit guten Gesundheitswesen mit Gebieten, in denen Seuchen oder gefährliche Infektionskrankheiten nicht selten sind“, so der Experte weiter.
In ihrer Übersichtsarbeit untersuchten die Jenaer Materialwissenschaftler systematisch anhand von fast 800 Originalarbeiten, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse es über Keime auf Oberflächen in Flugzeugen gibt – die erste Arbeit dieser Art. Wie sich zeigte, werden die Oberflächen in Flugzeugen im Allgemeinen von verschiedenen Arten von Mikroorganismen besiedelt. „Dabei gibt es infektiöse Hotspots wie Klapptische, Armlehnen, Sitzbezüge, Türgriffe und Toilettenspültasten“, so Jandt.
Bewusstsein für Gefahren stärken
„Nicht alle Mikroben sind für den Menschen gefährlich, viele nutzen uns sogar“, sagt Prof. Dr. Mathias W. Pletz vom Universitätsklinikum Jena. „Allerdings sind einige Mikroben, die sich in Flugzeugen finden, nicht harmlos“, fährt der Coautor der Studie fort. Wie die Jenaer Forscher weiter berichten, hängt die Überlebensfähigkeit und die Übertragbarkeit der Mikroben auf den Menschen unter anderem von den Arten der Materialien und deren physikochemischen Oberflächeneigenschaften ab.
Um das Problem einzudämmen, schlagen die Materialwissenschaftler in ihrer Arbeit einen Maßnahmenkatalog vor. Dazu gehören das Schaffen eines Bewusstseins für das Thema bei Flugzeugbauern, Fluggesellschaften, dem Kabinenpersonal und den Passagieren, aber auch Hinweistafeln an den Hotspots, eine gründlichere und häufigere Reinigung dieser Bereiche sowie der Einsatz von neuen antimikrobiellen Materialkonzepten, an denen die Forscher in Jena zurzeit arbeiten. Mit diesen Strategien könnte es bald gelingen, oberflächliche Infektionsketten in Flugzeugen nachhaltig zu unterbrechen, so die Forscher.
Foto: © phaisarnwong2517 - Fotolia.com