Derzeit sind sieben Säuglinge an dem Serratien-Bakterium im Blut erkrankt, weitere 15 infiziert. Ein Baby ist gestorben. Der Säugling war nach der Geburt wegen eines Herzfehlers zunächst auf die Neugeborenen-Intensivstation ins Virchow-Klinikum im Wedding gekommen und für die Operation ins nebenan gelegene Deutsche Herzzentrum verlegt worden. Dort war das Neugeborene dann fünf Tage nach der Herz-OP infolge einer Infektion mit Serratien-Keimen gestorben. Über den genauen Zeitpunkt und das Geschlecht des Säuglings wollten die Charité Verantwortlichen keine Angaben machen. Der Ärztliche Direktor der Charité, Professor Ulrich Frei, räumte ein, das Neugeborene habe sich sehr wahrscheinlich auf der Neonatologie der Charité mit Serratien infiziert. „Die Todesursache kann dem Keim zugeordnet werden“, sagte Frei. Er äußerte sein Beileid und Bedauern.
Serratien: Für gesunde harmlos, für das herzkranke Neugeborene waren die Keime tödlich
Charité-Hygiene-Expertin Professor Petra Gastmeier betonte, es handle sich nicht um multiresistente Keime wie etwa in Bremen. Serratien seien mit Antibiotika gut behandelbar. Durch die Therapie habe sich der Zustand der Patienten stabilisiert und verbessert. Bei weiteren 15 Patienten war der Keimnachweis positiv ohne Erkrankung.
Wie jetzt bekannt wurde, begann der Ausbruch schon am 8. Oktober. Weil bei zwei Kindern derselbe Keim in Blutkulturen nachgewiesen wurde, schaltete die Charité das Gesundheitsamt ein. Seit dem Ausbruch hat die Charité umfangreiche Schutzmaßnahmen ergriffen: Alle Patienten in der Neonatologie wurden flächendeckend auf diese Erreger untersucht. Als weitere Maßnahmen wurden sofort Isolierung und Kohortierung der Patienten veranlasst. Das heißt, die Station wurde in zwei Gruppen aufgeteilt - in besiedelte und nicht besiedelte Patienten. Zudem wurde das Pflegepersonal in zwei Gruppen geteilt und jeweils einer der beiden Kohorten zugeordnet. Dies bedeutet eine faktische Teilung der Stationen. Zudem wurde ein Aufnahmestopp in der Neonatologie am Campus Virchow-Klinikum verhängt. Nach der Ausbruchsursache wird weiterhin fieberhaft gesucht.
Einen ersten Fall soll es bereits im Juli gegeben haben. Damals hatte höchstwahrscheinlich eine mit Serratien infizierte Mutter das Bakterium an ihr Neugeborenes weitergegeben. Seither wurden bei mehr als 20 Säuglingen Serratien bei Hautabstrichen und Abstrichen in den Windeln nachgewiesen. Augenblicklich sind sieben Mädchen und Jungen erkrankt, bei ihnen wurde der Keim Blut nachgewiesen.
Serratien sind Bakterien, die bei vielen Menschen zur Darmflora gehören und in der Regel kein Risiko darstellen. Bei Patienten mit eingeschränkter Immunabwehr und bei extrem unreifen Frühgeborenen oder schwerstkranken Neugeborenen können diese Bakterien allerdings Infektionen verursachen.
Terminhinweis 6. Nationaler Qualitätskongress Gesundheit
Der Infektionsschutz in Krankenhäusern steht beim 6. Nationalen Qualitätskongress Gesundheit am 29. und 30. November 2012 in Berlin im Mittelpunkt. Am ersten Kongresstag findet um 14:30 Uhr ein Symposium „Multiresistente Erreger und nosokomiale Infektionen“ statt und um 16:30 Uhr ein Symposium „Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes“
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