Kassen verlangen schärfere Regeln für neue Medizinprodukte
Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu Medizinprodukteskandalen: Mal fand man Industriesilikon im Brustimplantat, mal war es der Metallabrieb im künstlichen Hüftgelenk und mal gravierende Fehler im Herzschrittmacher. Dass sich solche Fehler überhaupt einschleichen können, lastet der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) vor allem den uneinheitlichen, laxen Zulassungsverfahren in Europa an. In Deutschland kämen Medizinprodukte auf den Markt, die in den USA niemals zugelassen worden wären, kritisierte die Vorstandsvorsitzende des Verbands der Ersatzkassen e. V. (vdek) Ulrike Elsner. Das europäische System ist - anders als in den USA, wo es eine zentrale Zulassungsbehörde für Medizinprodukte mit strengen Richtlinien gibt - zersplittert. Einheitliche Regelungen gibt es nicht, auch nicht für so genannte Hochrisikoprodukte.
In den USA wären manche Medizinprodukte nie zugelassen worden
„Um europäische Patienten genauso wirksam gegen gefährliche Medizinprodukte zu schützen wie amerikanische, benötigen wir dringend eine zentrale Zulassungsstelle für Hochrisikomedizinprodukte in Europa", sagte Ulrike Elsner. Außerdem forderte Elsner, dass zu jedem neu zugelassenen Hochrisikomedizinprodukt rechtsverbindliche Begleitstudien durchgeführt werden müssen. „Die Studieergebnisse sollten im Rahmen eines Registers gespeichert werden, auf deren Basis dann eine Evaluierung des Medizinproduktes erfolgen sollte“, so Elsner. Patientensicherheit müsse vor Industrieinteressen stehen.
Hochrisikomedizinprodukte wie Brust- und Hüftimplantate oder Herzklappen und Stents machen nur zwei Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes von Medizinprodukten aus. Nur für diese sollen die verschärften Regelungen gelten. Pflaster, Hörhilfen oder andere unkritische Medizinprodukte wären nicht betroffen.
EU-Parlament will benannte Stellen für Hochrisikoprodukte einrichten
Das Europäische Parlament will zwar für die zukünftige Zulassung von Hochrisikomedizinprodukte europaweit sogenannte "besondere benannten Stellen" einrichten. Eine zentrale Zulassungsbehörde wie etwa die FDA in den USA befürwortet das Parlament allerdings nicht. Brüssel will am dezentralen Zulassungssystem in Europa weiter festhalten.
Seit zwei Jahren finanzieren die Ersatzkassen bereits das Endoprothesenregister. „Durch die Ergebnisse des Endoprothesenregisters können künftig Leid und Schmerzen bei Patienten durch Wechseloperationen an Hüfte oder Knie erspart werden“, sagte Elsner. Dies helfe den Patienten und reduziere zudem auch die Kosten im Gesundheitswesen. Das Gleiche fordert der Kassenverband jetzt auch für Hochrisikomedizinprodukte.
Erst kürzlich hatte der Bremer Gesundheitsforscher Gerd Glaeseke ebenfalls eine strengere Prüfung von Medizinprodukten gefordert. Er hat für die Barmer GEK den Heil- und Hilfsmittelreport 2013 erstellt und erklärt, bei der überwiegenden Anzahl der Medizinprodukte reiche heute eine Selbsterklärung des Herstellers aus, um ein Produkt vermarkten zu können. In fast allen Bereichen häuften sich Klagen über fehlerhafte Medizinprodukte.
Foto: © the_builder - Fotolia.com