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Kassen setzen auf Online-Therapie gegen Depressionen

Donnerstag, 29. Oktober 2015 – Autor:
Der Behandlungsbedarf bei Depressionen ist groß, doch Betroffene warten im Schnitt sechs Monate auf einen Therapieplatz. Krankenkassen setzen daher jetzt verstärkt auf Online-Therapien.
Depressionen verursachen die meisten Ausfalltage

Depressionen sind ein häufiger Krankschreibungsgrund – Foto: Production Perig - Fotolia

Die DAK-Gesundheit bietet ihren Versicherten ab November bundesweit das Online-Selbsthilfeprogramm Deprexis an. Es ist geeignet für Patienten mit leichten bis mittelschweren Depressionen, heißt es in einer Mitteilung der Kasse. Deprexis basiert auf Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie.

Eine noch unveröffentlichte Studie, die die Universität Bielefeld mit der DAK durchgeführt hat, untersuchte das Programm bei 3.800 Probanden auf seine Wirksamkeit. „Mit der Unterstützung von Deprexis schwächt sich der Depressionsgrad in relativ kurzer Zeit deutlich ab“, erklärt Studienleiter Prof. Wolfgang Greiner. Außerdem hat sich die berufliche und soziale Funktionsfähigkeit signifikant verbessert.

Depressionen: Auch TK testet Online-Coach

Auch die Techniker Krankenkasse (TK) und die FU Berlin testeten jetzt in einem Pilotprojekt ein internetgestütztes Coaching-Programm für Patienten mit leichten bis mittelschweren Depressionen. Nach einer ersten Auswertung verbesserte sich die Depression im Durchschnitt von einem mittelschweren Krankheitsbild auf einen klinisch nicht mehr bedeutsamen Wert, erklärte der Leiter des TK-Versorgungsmanagements, Klaus Rupp. Der gemessene Erfolg sei vergleichbar mit dem einer ambulanten Behandlung beim Verhaltenstherapeuten.

Wichtig war dabei die schriftliche Rückmeldung durch einen Therapeuten: Bei der Variante ohne individuelles Feedback hielten 76 Prozent der Teilnehmer bis zum Ende durch, bei einer wöchentlichen Rückmeldung 84 Prozent. "Der schriftliche Austausch mit den Therapeuten führt zu deutlich besseren Ergebnissen", so Studienleiterin Prof. Christine Knaevelsrud.

Depressionen verursachten die meisten Fehltage

In ihrem jetzt erschienen Psychoreport 2015 hat die DAK-Gesundheit außerdem die Ursachen von Krankschreibungen untersucht. In Deutschland war im vergangenen Jahr bereits jeder 20. Arbeitnehmer mit einer psychischen Erkrankung wie Depressionen oder Anpassungsstörung krankgeschrieben. Seit 1997 hat sich die Anzahl der dadurch verursachten Fehltage verdreifacht.

Depressionen und andere psychische Erkrankungen waren der zweithäufigste Grund für Krankmeldungen und verursachten danach die meisten Ausfalltage, heißt es bei der Krankenkasse. 2014 gingen 112 Fehltage je 100 Versicherte auf das Konto von Depressionen, bei den Anpassungsstörungen waren es 42 Fehltage.

 

Online-Therapie: DGPPN sieht weiteren Klärungsbedarf

Frauen sind fast doppelt so oft mit psychischen Problemen krankgeschrieben wie Männer (2014: 6,5 zu 3,6 Prozent). „Bei Männern äußern sich psychische Erkrankungen anders als bei Frauen, deshalb werden sie oft nicht richtig erkannt“, sagt Dr. Hans-Peter Unger, Chefarzt am Zentrum für seelische Gesundheit der Asklepios Klinik Hamburg-Harburg. „Dazu kommt eine höhere Stigmatisierung. Männer gelten noch immer als das starke Geschlecht.“ Seiner Meinung nach könnten Online-Therapie-Programme gut zur Überbrückung dienen, aber eine klassische Therapie nicht ersetzen.

Dr. Ingrid Hauth, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (DGPPN), nennt die ersten Resultate dieser Pilotprojekte vielversprechend. Dennoch seien bei Online-Therapien noch zahlreiche Fragen zu klären: Wer führt die Eingangsdiagnostik durch? Wie intensiv muss die Begleitung durch Ärzte und Therapeuten sein? Wer steht zur Krisenintervention und bei Suizidalität zur Verfügung?

Foto: Production Perig

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