Diabetes Typ 1 ist eine Autoimmunkrankheit. Das körpereigene Imunsystem zerstört die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse. Bestimmte Genvarianten erhöhen das Risiko für die Erkrankung. Im Rahmen der europaweiten POInT (Primary Oral Insulin Trial)-Studie suchen Forscher nach einem Weg, den Ausbruch der Erkrankung mit einer vorbeugenden Behandlung zu verhindern - und zwar mit einer Schluck-Impfung.
Ziel ist es, durch die tägliche Gabe von Insulin zu verhindern, das die fehlerhafte Immunreaktion auftritt. Das körpereigene Insulin ist nämlich oftmals das erste Ziel der Immunreaktion, die zur Typ-1-Diabetes führt.
Insulinpulver soll Immunsystem trainieren
Die Studienteilnehmer erhalten täglich eine Kapsel mit dem geschmacklosen Pulver, die mit der Nahrung, zum Beispiel verrührt in Brei oder Joghurt, eingenommen wird. Die eine Hälfte erhält Insulin, die andere Hälfte ein Placebo (Kapseln mit einer inaktiven Substanz). Dabei wissen die Probanden und das medizinische Personal nicht, welche Kapseln Insulin beziehungsweise das Placebo enthalten.
Über die Schleimhäute des Mundes und des Verdauungstraktes aufgenommen, soll das Insulin dem Immunsystem eine Toleranz gegenüber dem körpereigenen Insulin antrainieren und dadurch die krankmachende Reaktion verhindern. Es dient anders als das Insulin, das gespritzt wird, nicht zur Senkung des Blutzuckers.
Fehlsteuerung des Immunsystems bereits im Kleinkinderalter
Vorstudien und Erfahrungen aus der Allergieforschung liefern Hinweise darauf, dass das Training des Immunsystems gelingen könnte. Eine Garantie dafür gibt es gegenwärtig jedoch nicht.
Kinder mit Risikogenen für Typ-1-Diabetes sind bis zum dritten Lebensjahr besonders empfänglich für die Fehlsteuerung des Immunsystems gegenüber den insulinproduzierenden Betazellen. Das haben Vorgängerstudien gezeigt. Deshalb sei es besonders sinnvoll, in den ersten Lebensjahren vorbeugend auf das Immunsystem einzuwirken.
Kann Schluckimpfung Diabetes Typ 1 verhindern?
Teilnehmen können Babys aus Bayern, Niedersachsen und Sachsen, bei denen im Rahmen der FREDER1K-Studie Risikogene nachgewiesen wurden. Dazu reichen ein paar Tropfen Blut, die in der Geburtsklinik oder beim Kinderarzt entnommen werden. Kinder aus dem übrigen Bundesgebiet können teilnehmen, wenn Eltern oder Geschwister bereits an Diabetes Typ 1 leiden.
Die Kinder sollten zu Beginn der Studie zwischen 4 und 7 Monaten alt sein und bereits begonnen haben, kleine Mengen Beikost aufzunehmen. Sie werden in einem Abstand von 2 bis 4 Monaten untersucht bis sie 1,5 Jahre alt sind, danach halbjährlich. Mit drei Jahren endet die Behandlung. Ob mit der Schluckimpfung Diabetes Typ 1 verhindert werden kann, wird sich erst nach dem Ende der Studie zeigen. Falls bei einem Kind tatsächlich Symptome der Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen auftreten sollten, kann dies immerhin frühzeitig festgestellt und entsprechend behandelt werden.
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