Jodmangel beeinträchtigt Gehirnentwicklung von Kindern
Viele Menschen in Deutschland nehmen zu wenig Jod zu sich, wenn man die Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zugrunde legt. Eine Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) aus dem Jahr 2015 zeigte, dass 30 Prozent der Deutschen nicht ausreichend mit Jod versorgt sind. Und in anderen Ländern Europas ist die Situation offensichtlich noch schwieriger. Gefährdet sind vor allem Kinder und Jugendliche, denn Jod ist essentiell für ihre Gehirnentwicklung. Darauf machen Wissenschaftler des EU-geförderten Projektes EUthyroid und mehrere Interessengruppen in der Krakauer Erklärung zu Jod (Kraków Declaration on Iodine) aufmerksam. Die Experten fordern Entscheidungsträger in Europa auf, politische Maßnahmen umzusetzen, die dem weitverbreiteten Jodmangel entgegenwirken.
Jod wichtig für geistige Entwicklung von Kindern
Der Mikronährstoff Jod wird für Produktion von Schilddrüsenhormonen benötigt. Diese wiederum regeln den Stoffwechsel im menschlichen Körper, fördern das körperliche Wachstum und die geistige Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Während der Schwangerschaft haben Frauen einen erhöhten Jodbedarf, der häufig über ihre normale Ernährung nicht abgedeckt wird. Wissenschaftler sind besorgt, weil selbst ein leichter Jodmangel der Mutter zu einer Beeinträchtigung des Intelligenzquotienten (IQ) beim Kind führen kann.
Dennoch wissen viele Mütter in Europa offenbar nichts von den negativen Folgen von Jodmangel für ihre Kinder. Experten warnen, dass trotz der existierenden freiwilligen Programme zur Jodanreicherung in vielen europäischen Ländern bis zu 50 Prozent aller Neugeborenen einem leichten Jodmangel ausgesetzt sind. Folglich besteht das Risiko, dass diese Kinder ihr kognitives Entwicklungspotenzial nicht voll ausschöpfen können und beispielsweise Lernprobleme in der Schule durchmachen. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass niedrigere IQ-Werte in Teilen der Bevölkerung die Wirtschaftsleistung ganzer Nationen beeinträchtigen.
Experten fordern politisches Handeln
Seit Jahrzehnten fordert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) daher eine regelmäßige Kontrolle der Jodversorgung in der Bevölkerung als einen wichtigen Schritt, um den Jodmangel in Europa zu erheben und zu beseitigen. Doch nur wenige Länder in der EU erfüllen diese Anforderung. Die Autoren der Krakauer Erklärung zu Jod sind zunehmend besorgt über das mangelhafte Engagement der politischen Entscheidungsträger zur Beseitigung des Jodmangels in Europa. Das Konsortium fordert daher gemeinsam mit unterschiedlichen Interessengruppen politische Entscheidungsträger, Verantwortliche im Gesundheitswesens und Wissenschaftler dazu auf, die bekannten wirksamen Strategien zur Verhinderung von Jodmangelerkrankungen in ganz Europa umzusetzen. Dazu gehören:
- Einheitliche Präventionsmaßnahmen: Verantwortliche in Industrie und Handel, sowie politische Entscheidungsträger sollten die Salzjodierung vereinheitlichen, um einen freien Handel mit Jod-angereicherten Lebensmitteln in Europa zu gewährleisten. Jodiertes Tierfutter sollte ebenso eine behördliche Zulassung bekommen, um den freien Handel innerhalb der EU sicherzustellen.
- Kontrolle der Präventionsmaßnahmen: Nationale Regierungen und Gesundheitsbehörden müssen in regelmäßigen Abständen eine einheitliche Überwachung und Evaluierung von Jodierungsprogrammen durchführen, um eine optimale Jodversorgung der Bevölkerung sicherzustellen.
- Unterstützung der Präventionsmaßnahmen: Wissenschaftler sollten zusammen mit Vertretern des Gesundheitswesens, Patientenorganisationen, der Industrie und der Öffentlichkeit die notwendigen Präventionsmaßnahmen unterstützen. Nur so wird sichergestellt, dass geeignete Maßnahmen in einer sich rasch verändernden Gesellschaft getroffen werden, um effektiv Jodmangelerkrankungen zu verhindern. Zudem sollte das Wissen um Jodmangelerkrankungen durch geeignete Informationskampagnen weitergegeben werden.
Seefisch und jodiertes Speisesalz sind gute Jodquellen
Als gute Jodlieferanten gelten Seefisch, Algen und jodiertes Speisesalz. Insbesondere, weil viele Menschen sich mittlerweile von industriell verarbeiteten Fertigprodukten ernähren, die nur selten jodiertes Salz enthalten, ist die notwendige Jodzufuhr heutzutage gefährdet. Um dennoch ausreichend Jod zu sich zu nehmen, wird empfohlen, mindestens zweimal pro Woche Seefisch zu essen, ausschließlich jodiertes Speisesalz zu verwenden und auf Fertigprodukte weitgehend zu verzichten.
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