Jedes vierte Pflegeheim macht Verluste

Mehr Pflegebedürftige, zu wenig Personal: Pflegeheime stehen vor großen Herausforderungen
Wie gut es den Pflegeheimen in Deutschland geht, zeigt der Pflegeheim Rating Report 2020. Danach geht es den Heimen wirtschaftlich zwar noch relativ gut und besser als den Krankenhäusern. Doch die Tendenz ist sinkend. Machten 2015 noch 14 Prozent der Pflegeheime einen Jahresverlust, waren es im Jahr 2017 schon 24 Prozent – also fast jedes vierte Pflegeheim.
Pflegeheime in Sachsen stehen besser da als die in Bayern
Von Insolvenz bedroht waren 2017 knapp 4 Prozent, im „grünen Bereich“ mit geringer Insolvenzgefahr lagen 77 Prozent und 18 Prozent lagen dazwischen im „gelben Bereich“. Am schlechtesten war die wirtschaftliche Situation der Heime in Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein/Hamburg und Bayern. Im Gegensatz dazu ging es Pflegeheimen in den Bundesländern, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen am besten.
Ambulant vor stationär
Der Report zeigt außerdem einen Trend zur Ambulantisierung der Pflege. So stieg die Zahl der ambulant versorgten Pflegebedürftigen zwischen 1999 und 2017 von 20,6 auf 24,3 Prozent. Ursachen für diesen anhaltenden Trend sehen die Autoren des Reports unter anderem im Pflegestärkungsgesetz, das die ambulante Pflege gestärkt hat. Außerdem wurden die Pflegesätze der Pflegeversicherung für Leistungen der ambulanten Dienste seit 2008 überproportional erhöht.
Personalmangel ohne Ende
Doch die größte Herausforderung für die Pflegeheime scheint der Personalmangel zu sein. Im Juli 2019 lag die Zahl der gemeldeten offenen Stellen in Heimen mehr als doppelt so hoch wie im Juli 2009. Und der Bedarf wird weiter steigen. Die Autoren rechnen bis 2040 mit bis zu 396.000 zusätzlichen Vollzeitkräften in der stationären und mit bis zu 209.000 in der ambulanten Pflege.
Lösungen gegen den Personalmangel könnten dem Report zufolge die Zuwanderung qualifizierter Pflegefachkräfte aus dem Ausland sein sowie moderne Technik, die Pflegekräfte entlastet. Wichtig sei es, den Pflegeberuf attraktiver zu machen, schreiben die Autoren. Dazu gehörten höhere Löhne, aber auch weiche Faktoren wie eine gute Führungskultur, gesellschaftliches Ansehen des Berufs, eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf, möglichst wenig Bürokratie, Karrieremöglichkeiten sowie die Übernahme von Verantwortung.
26 Prozent mehr Pflegebedürftige bis 2030
„Die Pflegebranche ist in den nächsten Jahren mit großen Herausforderungen konfrontiert. Die steigende Zahl an Pflegebedürftigen erfordert mehr Personal und Kapital. Um in beiden Bereichen attraktiv zu sein, sind innovative Konzepte gefragt“, sagt RWI-Gesundheitsexpertin Dörte Heger. „Eine Kombination aus einer differenzierteren Aufgabenverteilung nach Qualifikationsniveau, mehr Ausbildung und moderner Technologie könnte dabei helfen, die Pflege zukunftsfest zu machen“, so Heger.
Der Pflegeheim Rating Report 2020 wurde maßgeblich vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung erstellt. Die Experten rechnen bis 2030 mit 4,4 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland. Gegenüber 2017 wäre das eine Steigerung von 26 Prozent. Grund ist die alternde Gesellschaft.
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