
Roter fermentierter Reis: Asiaten nutzen ihn zur Färbung und Konservierung von Lebensmitteln. Manche Europäer sehen in ihm ein natürliches Mittel zur Cholesterinsenkung. – Foto: ©MilletStudio - stock.adobe.com
Menschen mit hohem Cholesterinspiegel suchen immer wieder nach Alternativen zur Schulmedizin. Im Internet oder in Drogeriemärkten stoßen sie auf pflanzliche Präparate, die roten Reis enthalten. Die Produkte werben damit, dass sie in der Lage seien, bei einer Einnahme den Cholesterinspiegel auf natürliche Weise zu senken. In ihrer Wirkung kommen sie dabei offenbar pharmazeutisch hergestellten Cholesterinsenkern gleich – in ihren Nebenwirkungen aber eben auch. Gesundheitsexperten der BARMER raten deshalb zur Vorsicht, denn: Präparate mit rotem Reis können Muskeln, Leber und Nieren schädigen.
Sechs Sorten an natürlich rotem Reis
Es gibt gibt sechs Sorten Reis, der – auf der Außenhaut und/oder im Korn – von Natur aus rot ist. Sie wachsen meist im Süden und Osten Asiens zwischen Indien und den Philippinen. Der in Südfrankreich angebaute Camargue-Reis erhält seine Farbe, weil er auf tonhaltiger Erde angebaut wird.
Rotschimmelreis: Lebensmittelfarbstoff und Heilmittel der TCM
Von diesen Sorten natürlich roten Reises ist der sogenannte Rotschimmelreis zu unterscheiden, der in Asien seit mehreren Jahrtausenden bekannt ist und zum Färben, Aromatisieren und Konservieren von Lebensmitteln verwendet. Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) nutzt ihn als Heilmittel bei Magen-Darm- sowie bei Herz-Kreislaufbeschwerden.
Monakolin: Als Cholesterinsenker verschreibungspflichtig
Dieser vom Menschen gefärbte Rotschimmelreis entsteht, in dem Reis mit Schimmelpilzkulturen der Gattung Monascus versetzt wird. Bei der anschließenden Fermentation bilden sich ein roter Farbstoff. Und: Es bilden sich Stoffe, die eine cholesterinsenkende Wirkung im Körper entfalten – die sogenannten Monakoline. Eine Sorte davon, das Monakolin K, ist von der chemischen Struktur sogar identisch mit dem verschreibungspflichtigen Arzneistoff Lovastatin, der in vielen Cholesterinsenkern eingesetzt wird. Solche Medikamente sind aufgrund der starken Wirkung nicht ohne Rezept in der Apotheke erhältlich.
„Wirkungen und Nebenwirkungen so stark wie bei Medikament“
„Je nachdem wie hoch die Dosierung ist, hat jedoch ein pflanzliches Produkt mit Monakolin K eine gleichstarke Wirkung wie Medikamente, die Lovastatin enthalten“, warnen die Gesundheitsexperten der BARMER. „Das gilt allerdings nicht nur für die Wirkung, sondern auch für die Nebenwirkungen.“ Nach deren Einschätzung besteht bei Präparaten mit rotem Reis das Risiko, dass sie Muskeln, Nieren und Leber schädigen. Diese Risiken existieren beim Cholesterinsenker Lovastatin auch. Außerdem kann es zu Hautreaktionen und Darmstörungen sind kommen.
Monakolin greift Muskelzellen an
„Monakolin K kann wie Lovastatin die quergestreifte Muskulatur angreifen. Hierzu zählen die Skelett- und Herzmuskulatur sowie das Zwerchfell“, so die Experten der Barmer. „Wenn dann aus den zerstörten Muskelzellen das Muskeleiweiß Myoglobin in größeren Mengen austritt, kann es nicht über die Niere ausgeschieden werden. Das Organ verstopft. Dies führt schlimmstenfalls zu einem tödlich endenden Nierenversagen.“
Höherdosierte Präparate nur noch in der Apotheke
Zwar ist es so, dass Produkte mit einem Monakolin-K-Gehalt von mehr als 5 Milligramm in Deutschland inzwischen nicht mehr frei vermarktet werden dürfen. Sie wurden als „Arzneimittel“ eingestuft, was bedeutet: Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit müssen nachgewiesen und das Produkt muss offiziell zugelassen sein.
Auch bei Nahrungsergänzungsmitteln „leicht Überdosierung möglich“
Produkte mit einem geringeren Monakolin-K-Gehalt sind es als Nahrungsergängungsmittel weiterhin auf dem Markt. „Aber auch bei Präparaten, die weniger als 5 mg Monakolin K enthalten, sollte man vorsichtig sein“, warnt BARMER-Arzneimittelexpertin Heidi Günther. „Wer beispielsweise empfindlich auf medizinische Cholesterinsenker, die sogenannten Statine, reagiert, der wird höchstwahrscheinlich auch bei der Einnahme von Rotschimmelreis-Produkten ähnliche gesundheitliche Probleme bekommen.“ Außerdem könne eine zusätzliche Einnahme zu den ärztlich verordneten Arzneimitteln leicht zu einer Überdosierung führen. Hinzu käme, so Apothekerin Günther, dass die sogenannten Red-Rice-Produkte nicht wie Arzneimittel auf den Hauptwirkstoff Monakolin K standardisiert werden. Das bedeutet: Die Dosis kann von Kapsel zu Kapsel schwanken.
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