
Kohlenhydrate in der Ernährung zu reduzieren muss nicht zwingend gesünder sein – Foto: ©stefania57 - stock.adobe.com
Eine globale Revision der Ernährungs-Empfehlungen im Sinne von „Low Carb, more Fat“ forderten zuletzt die Autoren der Ernährungsstudie PURE (Prospective Urban Rural Epidemiology). Sie hatten in 18 Ländern den Einfluss von Kohlehydraten, Fett und Eiweiß in der Ernährung auf das Krankheits- und Sterblichkeitsrisiko untersucht. Mit steigender Zufuhr von Kohlenhydraten nehme die Sterblichkeit zu. Mehr Fett sei nicht nur unschädlich, sondern verringere sogar die Sterblichkeit und das Risiko für Schlaganfälle. Aus dieser Studie eine Empfehlung für „Low Carb“ abzuleiten, sei falsch, kritisieren jetzt Wissenschaftler der Universität Hohenheim. Weniger Kohlenhydrate bedeuten nicht zwingend eine gesündere Ernährung.
Derlei weitreichende Schlüsse ließen Methodik und Ergebnisse der Studie gar nicht zu, meinen der Ernährungsmediziner Prof. Hans Konrad Biesalski, die Tropen-Expertin Prof. Regina Birner und der Ernährungswissenschaftler Prof. Jan Frank, Präsident der Society of Nutrition and Food Science (SNFS). Entscheidend sei vielmehr die Versorgung mit Mikronährstoffen – und dafür sei der Anteil an Kohlenhydraten und gesättigten Fetten in der Ernährung lediglich ein Indikator.
Mit steigender Armut nimmt Anteil an Kohlenhydraten zu
„Mit steigender Armut nimmt der Anteil an Kohlenhydraten deutlich zu und der von Lebensmitteln tierischen Ursprungs, vor allem von Fleisch und Fleischprodukten, ab. Denn stärkehaltige Produkte sind preisgünstig und sättigen“, erklärt Prof. Birner. Diese seien aber bezüglich der Versorgung mit essenziellen Mikronährstoffen eine schlechte Quelle, und die Versorgung zum Beispiel mit Eisen und Zink habe einen Einfluss auf die Sterblichkeit.
„Wenn es um Kohlenhydratverzehr in armen Ländern geht, dann sprechen wir vor allem von Reis, Mais und Weizen“, betont Prof. Biesalski. „Je größer deren Anteil an der Ernährung ist, desto geringer ist die Nahrungsqualität und desto höher auch die Sterblichkeit“, sagte er weiter in einer Mitteilung der Universität.
In reichen Nationen liege die Kohlenhydratzufuhr im Bereich von 45 bis 55 Prozent. „Hier bedeutet ein Zuviel an Kohlenhydraten vor allem ein Zuviel an Zucker und zuckerhaltigen Lebensmitteln. Diese zu reduzieren ist sicherlich kein Fehler und möglicherweise auch gesundheitsfördernd“, so der Wissenschaftler.
„Low Carb“ nicht unbedingt gesünder: Mikronährstoffe entscheidend
"Eine unzureichende Versorgung mit Mikronährstoffen, also Mineralstoffen und Vitaminen, erhöht das Krankheits- und so unweigerlich auch das Mortalitätsrisiko. Wenn die Qualität außen vor bleibt, führt die Betrachtung der Quantität von Makronährstoffen in der Ernährung leicht in die Irre. Eine fettreiche, kohlenhydratarme Ernährung kann qualitativ genauso ungenügend sein wie eine fettarme, kohlenhydratreiche Ernährung“, so Prof. Frank. "Low Carb" ist demzufolge nicht in jedem Fall gesünder.
Die Society of Nutrition and Food Science e.V. (SNFS) ist ein 2013 gegründeter Zusammenschluss unabhängiger Experten im Bereich Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften mit Sitz an der Universität Hohenheim. Ein Ziel der gemeinnützigen Organisation ist es, dem Verbraucher fachlich korrektes Wissen zu Ernährungsthemen zur Verfügung zu stellen.
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