Internisten wollen Liste unnötiger Leistungen
Hintergrund ist eine Initiative US-amerikanischer Ärzte, die 2012 eine Liste ärztlicher Leistungen veröffentlichten, die sich als wirkungslos oder sogar schädlich erwiesen haben. Eine ähnliche Liste erstellen Schweizer Internisten im Mai 2014. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) will ihren Kollegen nun nacheifern, um nach eigenen Angaben Überbehandlungen zu vermeiden und damit auch Kosten zu senken. Eine „Task Force“ soll hierzulande das Bewusstsein schärfen.
„Verschreiben Sie keine Antibiotika gegen Atemwegsinfekte. Wiederholen Sie eine Darmspiegelung nur alle zehn Jahre, sofern die Resultate unauffällig sind. Machen Sie kein Osteoporose-Screening bei Frauen unter 65 Jahren, wenn kein erhöhtes Risiko vorliegt.“ Das sind drei Beispiele für Behandlungen, welche die amerikanischen und Schweizer Ärzte in Frage stellen.
Ärzte sind teilweise nicht auf neuestem Stand
Bei vielen Leistungen handelt es sich zwar um lang etablierte Methoden. Sie entsprechen allerdings nicht mehr dem heutigen Kenntnisstand. „Erfahrung ist zwar extrem wichtig, doch wenn nicht regelmäßig ein Abgleich mit der medizinischen Entwicklung stattfindet, hängt veraltetes Wissen als Ballast an uns und den Patienten und bindet auch Mittel, die an anderer Stelle fehlen“, sagt DGIM-Vorsitzender Professor Dr. Michael Hallek.
Die DGIM hat deshalb eine neue Task Force „Unnötige Leistungen“ gegründet, mit der sie Kollegen auf die Problematik aufmerksam machen will. „Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass ein Zuviel an medizinischer Fürsorge ähnlichen Schaden anrichten kann wie das Unterlassen einer nötigen Leistung“, sagt Task-Force-Leiter Professor Dr. Gerd Hasenfuß. Die amerikanischen Empfehlungen seien dafür eine sehr gute Hilfe, aber nicht ohne Weiteres auf deutsche Verhältnisse übertragbar. Deswegen arbeiten die Internisten nun an eigenen Empfehlungen.
Unnötige Leistungen - Kosteneinsparungen sind möglich
„Ein stärkeres Bewusstsein für die Notwendigkeit medizinischer Maßnahmen kann nicht nur eine Qualitätssteigerung, sondern auch eine sinnvolle Kosteneinsparung für das Gesundheitswesen bedeuten“, betont Hallek. Derzeit setze das Gesundheitssystem aber teilweise auch falsche ökonomische Anreize: Für das Gespräch mit dem Patienten etwa oder für das bewusste Unterlassen von Behandlungen bekomme ein Arzt wenig erstattet. „Das Gespräch mit dem Patienten ist eine wichtige ärztliche Tätigkeit, die künftig besser honoriert werden muss, auch wenn der Arzt anschließend keine weitere Untersuchung anordnet oder kein Medikament verschreibt“, sagt Hallek.
Internisten aus verschiedenen Fachbereichen werden am 18. April 2015 auf dem Internistenkongress in Mannheim über den Vorstoß diskutieren.
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