Inkontinenz bei Leistungssportlerinnen häufig

Inkontinenz bei Leistungssportlerinnen ist für viele Betroffene immer noch ein Tabuthema – Foto: ©skumer - stock.adobe.com
Nur wenige Menschen wissen es, und meistens wird nicht darüber gesprochen. Doch viele junge Leistungssportlerinnen leiden unter Inkontinenz. Zwar können auch Männer betroffen sind, doch aufgrund ihrer biologischen Voraussetzungen sind es vor allem Frauen, die unter der Blasenschwäche leiden. In manchen Sportarten liegt die Quote der Leidtragenden bei bis zu achtzig Prozent.
Aus Scham schweigen die meisten jungen Frauen über ihr Problem. Dabei ist die Erkrankung gut behandelbar, so Professor Birgit Schulte-Frei von der Hochschule Fresenius. Eine wichtige Voraussetzung ist allerdings, dass Therapeuten und Sportvereine Wege der Zusammenarbeit finden. Auch müsste es mehr ausgebildete Spezialisten geben.
Offen über Blasenschwäche sprechen
„Noch haben wir zu wenige Physiotherapeuten in Deutschland, die ihren Fokus auf diese Thematik legen“, so Frei. „Da so viele betroffen sind, eröffnen sich sehr gute berufliche Perspektiven.“ Der erste notwendige Schritt sei die Aufklärung unter Hinzuziehung von Eltern sowie Trainerinnen und Trainern. „Wir stehen hier noch ganz am Anfang. Wir müssen Sportlerinnen Mut machen, das Thema offen anzusprechen. Das ist möglich, wenn wir entdramatisieren und enttabuisieren.“
Es könne nicht angehen, dass junge Frauen mehrere Jahre unter einem lösbaren Problem leiden, nur weil niemand darüber sprechen will, so Schulte-Frei weiter. Diese Fälle seien nicht selten.
Inkontinenz bei bestimmten Sportarten besonders häufig
Doch warum gibt es im Leistungssport so häufig Fälle von Inkontinenz? „Wir haben es hier mit einem Dreiklang aus körperlichen Gegebenheiten in Verbindung mit Belastungen bei bestimmten Sportarten, hormonellen Bedingungen und psychischen Voraussetzungen zu tun", erklärt Schulte-Frei.
Bei den körperlichen Voraussetzungen spielen nicht etwa gynäkologisch-urologische Aspekte eine Rolle. In dieser Hinsicht sind die Athletinnen meist vollkommen gesund. Vielmehr sorgt zum Beispiel starkes Untergewicht dafür, dass auch die Beckenbodenmuskulatur geschwächt ist.
Manche Sportlerinnen treiben es mit dem Abnehmen so weit, dass der Körper nur noch auf Überleben programmiert ist und die Regel für lange Zeit – teilweise über mehrere Jahre – ausbleibt. Verbunden mit hohen biomechanischen Belastungen ist dann Inkontinenz die fast schon logische Konsequenz.
Trampolinspringen schwächt Beckenbodenmuskulatur
Die Beanspruchungen treten vor allem in Sportarten mit vielen Sprungelementen auf: Leichtathletik, Volleyball, Handball oder Basketball sind Beispiele für Sportarten, die häufig zu Inkontinenz führen. Kritisch wird es bei übertriebenem Training und gleichzeitiger Vernachlässigung der Beckenbodenmuskulatur.
„Grundsätzlich ist nämlich der harte Boden bei diesen Sportarten nicht das Problem. Der Aufprall setzt wichtige Reize für die Ausbildung der Muskulatur. Deshalb sieht man heute auch das früher so verpönte Joggen in einem anderen, positiveren Licht“, sagt Schulte-Frei. Tatsächlich gibt es die meisten Betroffenen beim Trampolinspringen: Der weiche, nachgebende Untergrund ist Gift für die Beckenbodenmuskulatur.
Beckenbodentraining zur Prävention sinnvoll
Zur Prävention von Inkontinenz wäre es sinnvoll, wenn Leistungs- und Hochleistungssportlerinnen Übungen zur Stärkung der Beckenbodenmuskulatur in den Trainingsplan integrieren würden. Ein solches Spezialtraining könnte auch die allgemeine sportliche Leistungsfähigkeit erhöhen, betont Schulte-Frei. Um Blasenschwäche im Leistungssport vorzubeugen, ist es zudem sinnvoll, den Stress zu reduzieren und Druck von den Sportlerinnen zu nehmen.
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