Implantierbare Defibrillatoren: Für wen sie geeignet sind

Ein implantierbarer Defibrillator kann Patienten mit bestimmten Herzerkrankungen das Leben retten – Foto: ©suphaporn - stock.adobe.com
Wer unter Herzrhythmusstörungen leidet, dem kann unter Umständen ein implantierbarer Defibrillator (ICD) helfen. Er gibt bei lebensbedrohlichen Störungen einen elektrischen Impuls ab, der den Herzmuskel wieder in den richtigen Takt bringt. Doch nicht für jeden Betroffenen ist ein ICD geeignet. Vor allem älteren Menschen kann er auch schaden – zum Beispiel wenn während des Sterbeprozesses noch mehrfache schmerzhafte Schocks abgegeben werden. Auch kommt es bei etwa jeden vierten Defibrillator zu Komplikationen.
In einer vom Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen koordinierten, europaweiten Studie (EU-CERT-ICD) wurde nun untersucht, welchen Patienten mit Herzrhythmusstörungen ein implantierbarer Defibrillator hilft. Erste Ergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal „Lancet“ veröffentlicht.
Patienten über 75 profitierten nicht vom ICD
Für die Studie wurden die Daten von 2.327 Patienten aus 44 klinischen Zentren in 15 europäischen Ländern ausgewertet. Das Ergebnis fiel positiver aus, als die Forscher erwartet hatten. So ergab sich in der Gesamtgruppe ein deutlicher Überlebensvorteil von 27 Prozent.
Betrachtete man die Untergruppen, waren die Ergebnisse jedoch sehr unterschiedlich. So zeigte sich, dass Patienten über 75 Jahre, Diabetiker oder Patienten mit mehreren Begleiterkrankungen nicht vom prophylaktischen Einsatz eines ICD profitierten. „Bei dieser Patientengruppe sollte die prophylaktische Defi-Implantation nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen“, erklärte Prof. Dr. Markus Zabel, Leiter des Schwerpunkts Klinische Elektrophysiologie in der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG).
EKG-Parameter hilft, geeignete Patienten zu identifizieren
In einer Substudie konnte gezeigt werden, dass bestimmte EKG-Parameter dabei helfen, Patienten zu identifizieren, denen ein ICD besonders nützen kann. Der Hintergrund: Bei jedem Herzschlag wird das Herz natürlicherweise elektrisch erregt und die Erregung anschließend wieder zurückgebildet. Bei Herzschwäche kommt es häufig zu einer Überaktivität des Sympathikus, eines Teils des autonomen Nervensystems, der unter anderem in Stresssituationen aktiv ist. Dadurch kann sich die Erregungsrückbildung des Herzens destabilisieren. Ist dies der Fall, steigt das Risiko für bösartige Herzrhythmusstörungen dramatisch an.
Forscher der Technischen Universität München (TUM), der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), und der Universitätsmedizin Göttingen konnten nun zeigen, dass ein relativ neues EKG-Verfahren diese gefährlichen Instabilitäten der Erregungsrückbildung anzeigen kann, die sogenannten „Periodic Repolarization Dynamics“ (PRD). Patienten mit einem PRD-Wert größer oder gleich 7,5 Grad profitierten in der Studie deutlich stärker von einem implantierbaren Defibrillator als andere.
Eignung genau prüfen
Der Grund dafür ist, dass der PRD-Parameter eine Überaktivität des sympathischen Nervensystems des Herzens messen kann und damit ein Indikator der elektrischen Instabilität des Herzens ist. Eine Langzeit-EKG-Messung mit PRD-Auswertung könnte daher eine wichtige Entscheidungshilfe bei der Diskussion über einen vorbeugenden Defibrillator werden, so die Forscher.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse also, dass genau und individuell geprüft werden sollte, wem ein ICD nützt und wem nicht. Vor allem für jüngere Patienten mit Herzschwäche und Herzmuskelschwäche (DCM) kann der Defibrillator einen deutlichen Überlebensvorteil bringen.
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