Implantation von Stents häufig unnötig
Schon lange wurde vermutet, dass die Implantation von Herzgefässstützen, sogenannten Stents, häufig unnötig ist. Dies wurde nun in einer Metaanalyse amerikanischer Forscher bestätigt, die in den "Archives of Internal Medicine" veröffentlicht wurde. Sie zeigt, dass das Ausmass der Überversorgung sogar weit höher liegt als bisher vermutet. Für die Analyse werteten die Forscher die Daten von acht Studien aus. Alle Patienten litten an einer Verengung der Herzkranzarterien und wurden mit den gängigen Arzneimitteln behandelt. Die Hälfte von ihnen hatte zusätzlich Gefässstützen erhalten. Es zeigte sich, dass nach etwas mehr als vier Jahren neun Prozent aller Teilnehmer gestorben waren und zwar unabhängig davon, ob sie nur eine medikamentöse Therapie oder zusätzlich eine Implantation von Stents erhalten hatten.
Zudem hatten in beiden Gruppen ähnlich viele Patienten einen Herzinfarkt erlitten, und bei beiden berichteten jeweils gleich viele Teilnehmer von andauernden Anfällen von Brustenge, der Angina pectoris. Gerade die Brustenge zählt aber zu den wichtigsten Gründen für den Einbau von Stents. Zwar können die Herzgefässstützen die Beschwerden sehr schnell verbessern, während Medikamente erst nach einiger Zeit wirken. Bei der richtigen Dosierung und den passenden Medikamenten gleichen sich die Ergebnisse der Studie zufolge aber mit der Zeit an. Zudem ersetzt die Operation nicht die Notwendigkeit einer fortgesetzten medikamentösen Behandlung. Zu beachten ist auch, dass gerade die Angina pectoris auch durch andere Massnahmen eingedämmt werden kann. So können körperliche Bewegung, Abnehmen und die konsequente Einstellung eines Bluthochdrucks die Anfälle stark reduzieren.
Überversorgung mit Herzgefässstützen
In einem Kommentar zur Studie erklärte William Boden, Wissenschaftler beim Department of Medicine am Veterans Affairs Medical Center in Albany/New York, dass die Implantation von Stents nun genaueren Kriterien folgen müsse. Sinnvoll sei sie vor allem bei Patienten mit einer akuten Herzattacke, während sie bei einer stabilen koronaren Herzkrankheit kaum von Nutzen sei. Als Gründe für die nach wie vor verbreitete Operation vermutete Boden auch finanzielle Anreize, da das derzeitig geltende Vergütungssystem solche Massnahmen begünstige. Auch sei es für viele Ärzte schwer, von lange gehegten Überzeugungen abzulassen.
Implantation des Stents
Das Einsetzen von Stents zählt heute zu den Routineeingriffen. Bei der Operation werden die wenige Zentimeter langen, röhrenförmigen Implantate aus feinstem Metallgitter eingesetzt, um bei Patienten mit verengten Arterien die Blutgefässe zu öffnen. Dafür wird das Gitter an einem Ballonkatheter befestigt und über einen Draht in das verstopfte Gefäss eingeführt. Anschliessend wird der Katheter aufgepumpt und das Gitter dadurch an die Gefässwand gedrückt. Beim Herausziehen des Katheters bleibt der Stent dann zurück. Durch die Erweiterung des Gefässes kann das Blut nun wieder frei zirkulieren. Die Prozedur nennt sich "perkutane koronare Intervention" (PCI). In Europa werden pro Jahr mehrere hunderttausend Stents eingesetzt, in Deutschland allein mehr als 300.000.