Impfmüdigkeit unter Deutschen weit verbreitet

Experten beklagen deutsche Impfmüdigkeit.
Die Impfbereitschaft in Deutschland liegt prinzipiell recht hoch. Dennoch gibt es noch große Impflücken bei einzelnen Erkrankungen. Zwar sind fast alle Kinder hierzulande gegen Diphtherie, Tetanus und Kinderlähmung geimpft, und auch die erste Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) wird fast immer gegeben. Anders sieht es aber schon bei der notwendigen zweiten MMR-Impfung aus sowie bei den Auffrischungsimpfungen im Kindes- und Jugendalter. Nach den Masernausbrüchen im Frühjahr dieses Jahres, bei denen auch viele Erwachsene betroffen waren, empfehlen Experten allen nach 1970 Geborenen, ihren Impfschutz zu überprüfen beziehungsweise die Auffrischungsimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln nachzuholen.
Auch bei anderen Erkrankungen bestehen nach wie vor große Impflücken. Die im Sommer 2013 veröffentlichte Studie zur Gesundheit Erwachsener (DEGS1), zeigte, dass 29 Prozent der erwachsenen Deutschen nicht gegen Tetanus geimpft sind. 43 Prozent haben keinen Schutz gegen Diphterie, und ganze 88 Prozent sind nicht gegen Keuchhusten geimpft. Insbesondere Erwachsene, die Kontakt zu Säuglingen haben, sollten sich dringend gegen Keuchhusten impfen lassen. Die deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) fordert dazu auf, gemeinsam mit der Impfung gegen Tetanus und Diphterie auch gegen Keuchhusten zu impfen – doch dies geschieht einer aktuellen Studie zufolge bisher kaum.
Impfmüdigkeit zerstört „Herden-Immunität“
Nach Expertenmeinung wird auch zu selten gegen Grippe geimpft. Laut einer Umfrage lässt sich nur jeder dritte Bundesbürger regelmäßig gegen Grippe impfen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen Influenza unter anderem für Menschen ab 60 Jahre, Schwangere sowie für Patienten mit geschwächtem Immunsystem.
Die Statistiken zeigen regionale Unterschiede in der Impfbereitschaft. So liegt die Impfrate in den neuen Bundesländern höher als in den alten. Vermutet wird, dass aufgrund der gesetzlichen Impfpflicht, die in der früheren DDR existierte, Impfen in diesen Regionen als etwas Selbstverständliches gilt.
Impfmüdigkeit tritt in einer Bevölkerung vor allem dann auf, wenn aufgrund des Ausbleibens der Krankheiten keine Notwendigkeit mehr darin gesehen wird, weiter zu impfen – ein fataler Trugschluss. Denn wenn die Impfrate eine bestimmte Zahl unterschreitet und die sogenannte „Herden-Immunität“, die auch nicht geimpfte Personen schützt, zusammengebrochen ist, können die als nicht mehr gefährlich eingeschätzten Krankheiten erneut zuschlagen. So kommt es beispielsweise immer wieder zu regionalen Masern-Ausbrüchen in Deutschland, weil viele Menschen sich selbst und auch ihre Kinder nicht mehr impfen lassen.
Argumente der Impfgegner
Impfgegner führen immer wieder bestimmte Argumente für ihre Haltung an wie beispielsweise den Zweifel an der medizinischen Notwendigkeit von Impfungen oder mögliche Impfschäden. Die meisten dieser Einschätzungen beruhen Experten zufolge jedoch auf Irrtümern.
So glauben viele Patienten, dass die Grippe-Impfung erst recht eine Grippe auslösen kann. Das liegt dann jedoch daran, dass sich der Patient entweder schon vorher mit den Influenza-Viren angesteckt hat oder aber sich mit einer anderen, der Influenza nur ähnlichen, Erkrankung infiziert hat. Oft wird eine Impfung auch abgelehnt, weil die Betroffenen bereits krank sind und eine Verschlechterung ihres Zustands fürchten. Dadurch werden aber genau diejenigen Personen nicht geimpft, die zu den Risikogruppen gehören und für die ein Impfschutz besonders wichtig ist.
Auch das Argument, dass eine durchgemachte Erkrankung das Immunsystem stärkt, ist nicht stichhaltig. Denn viele Menschen unterschätzen die (potenziell tödlichen) Folgen von Erkrankungen wie Grippe oder auch Masern. Zudem gefährdet man durch die fehlende Impfbereitschaft auch andere Menschen, weil man ohne Impfschutz selbst zum Träger der Viren wird und andere anstecken kann.
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