Immuntherapie bei Lungenkrebs: Drei Monate länger leben

EU-Zulassung gibt neue Hoffnung: Nivolumab ist die erste Immuntherapie gegen Lungenkrebs
Nach dem metastasierten Melanom ist Nivolumab nun auch zur Behandlung von Lungenkrebs in Europa zugelassen worden. Damit steht erstmals eine Immuntherapie für Lungenkrebspatienten außerhalb von klinischen Studien zur Verfügung. Die Zulassung gilt für das lokal fortgeschrittene oder metastasierte nicht-kleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC) mit plattenepithelialer Histologie nach einer Chemotherapie. Das NSCLC ist mit etwa 85 Prozent der häufigste Subtyp aller Lungenkrebsformen, eine plattenepitheliale Histologie weisen allerdings nur etwa 25 bis 30 Prozent der Patienten auf.
Objektive Ansprechrate liegt bei 15 Prozent
Wie klinische Studien zeigen, kann der PD1-Antikörper bei diesen Patienten das Gesamtüberleben um mehrere Monate verlängern. Im Rahmen der zulassungsrelevanten Studie „CheckMate 017“ wurden 135 Patienten mit Opdivo (Nivolumab) und 137 Patienten mit dem Zytostatikum Docetaxel behandelt. Die mit Nivolumab behandelten Patienten lebten im Schnitt 3,2 Monate länger als jene, die die Standardchemotherapie bekamen (9,2 Monate versus 6 Monate). Bei 15 Prozent der Nivolumab-Patienten schrumpfte der Tumor oder verschwand komplett. Diese objektive Ansprechrate dauerte bei knapp 60 Prozent sechs Monate oder länger an. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA hatte Nivolumab deshalb bereits Anfang März bei dieser Indikation zugelassen. Die Europäische Kommission ist am 20. Juli gefolgt.
Bremsen des Immunsystems werden gelöst
„Die Zulassung von Nivolumab zur Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms mit plattenepithelialer Histologie ist für Patienten, die gegen diese verheerende Krankheit ankämpfen, und für ihre behandelnden Ärzte ein wahrhaft großer Fortschritt“, erklärte der Präsident der europäischen Krebsgesellschaft „European Society of Medical Oncology“ Professor Rolf Stahel anlässlich der europäischen Zulassung. Nivolumab habe im Vergleich zur Standardtherapie bei dieser Patientenpopulation eine statistisch signifikante und klinisch bedeutsame Verbesserung der Wirksamkeit gezeigt, so der Krebsexperte aus Zürich.
Nivolumab bindet an den PD-1-Rezeptor (Programmed Death Receptor-1) auf T-Zellen und anderen Immunzellen. Dadurch wird eine Interaktion mit den natürlichen Liganden PD-L1 und PD-L2, die den Tumor vor der körpereigenen Abwehr schützen, verhindert. Das Immunsystem wird folglich stimuliert, die Krebszellen zu bekämpfen.
Nivolumab kann zu schweren immunologischen Nebenwirkungen führen
Das immunonkologische Mittel führt am häufigsten zu Fatigue, Kurzatmigkeit, Muskelschmerzen, Übelkeit und Verstopfung. Im schlimmsten Fall kann es zu schweren immunologischen Nebenwirkungen kommen, die gesunde Organe wie Leber, Nieren oder hormonproduzierende Drüsen befallen.
Laut Hersteller Bristol-Myers Squibb musste die Therapie mit Nivolumab bei drei Prozent der Studienteilnehmer wegen starker Nebenwirkungen abgebrochen werden. Der häufigste Grund war Pneumonitis, eine entzündliche Veränderung der Lunge. Im Chemotherapie-Arm lag die Abbruchrate mit zehn Prozent deutlich darüber.
Die Behandlung eines Krebspatienten mit Nivolumab ist extrem teuer. Eine Infusion kostet zwischen 13.000 und 15.000 Euro. Aufs Jahr hochgerechnet kommen schnell Kosten von über 100.000 Euro zusammen.
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