Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Immunologen: „Besser erst viele einmal impfen – als wenige zweimal“

Donnerstag, 7. Januar 2021 – Autor:
Angesichts hoher Ansteckungs- und Todesraten bei noch immer knappen Impfstoffverfügbarkeiten streiten Experten über die beste Strategie bei den COVID-19-Impfungen. Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie plädiert dafür, zunächst lieber mehr Menschen einmal zu impfen – als weniger zweimal. Schon die erste Dosis biete nach 14 Tagen einen beträchtlichen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen.
COVID-19-Impfung bei alter Frau.

Nach der ersten von zwei nötigen Impfungen bieten COVID-19-Impfstoffe zwar noch keinen Langzeitschutz – aber laut Immunologen einen beträchtlichen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen. – Foto: ©Rido - stock.adobe.com

Wenn sich jede Woche viermal so viel Menschen mit COVID-19 infizieren wie errechnet, um die Pandemie unter Kontrolle zu halten, aber die Herstellung der frisch zugelassenen Impfstoffe erst anläuft, stellt sich die Frage: Wie geht man mit der relativen knappen Menge an Impfdosen um, die derzeit nur zur Verfügung stehen?

Im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte steht jetzt die Idee, die Zeitspanne zwischen der ersten und der zweiten Impfung –  je nach Impfstoff – mindestens zu verdoppeln, um durch eine Erstimpfung bei möglichst vielen Menschen möglichst schnell eine Grundimmunisierung zu erreichen. In die laufende Diskussion über die optimale Impfstrategie hat sich jetzt die Deutsche Gesellschaft für Immunologie (DGfI) eingeschaltet. „In dieser besonderen Pandemielage ist es vertretbar, mit den jetzt vorhandenen Impfdosen möglichst vielen Menschen erst einmal die erste Immunisierung zu ermöglichen“, heißt es in einem aktuellen Papier der Fachgesellschaft. Die zweite Dosis, die unter regulären Umständen etwa 21 Tage nach der ersten gespritzt werden soll, könne etwas verzögert verabreicht werden – zwingend und spätestens aber innerhalb von 60 Tagen.

Erstimpfung: „Beträchtlicher Schutz vor schweren Krankheitsverläufen“

Solange die verfügbaren Impfdosen nicht ausreichten, um sofort alle Risikogruppen zweimal zu impfen und sie so maximal zu schützen, sei eine pragmatische Strategie sinnvoll. „Als Immunologen weisen wir darauf hin, dass bereits die erste Impfung ab Tag 14 einen beträchtlichen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen bieten kann", heißt es bei der DGfI. „Auf eine zweite Impfung darf nicht verzichtet werden, sie kann aber auch später als an Tag 21 nach der ersten Dosis erfolgen (für den Wirkstoff von BioNTech/Pfizer); und später als am Tag 28 (für den Wirkstoff des US-Herstellers Moderna). Bei anderen Impfstoffen habe sich diese Verfahrensweise „sogar als wirkungsvoller herausgestellt“.

Impfschutz setzt zwei Wochen nach der Erstimpfung ein

Zum Hintergrund: Grundsätzlich zeigen klinische Studien zu den aktuellen Impfstoffen laut DGfI, dass der Impfschutz frühestens 14 Tage nach der ersten Impfung beginnt. Die hohe Endwirksamkeit von um die 95 Prozent sei – je nach Impfstoff – ab dem 7. Beziehungsweise 14. Tag nach der zweiten Impfung dokumentiert. Antikörper und T-Zell-Antworten, die nach der zweiten Impfung gebildet werden, schützen generell besser und halten länger („immunologisches Gedächtnis").

Immunologen: Mehr Zeitabstand = Immunantwort sogar besser

Die Gesellschaft für Immunologie hinterfragt allerdings die Unantastbarkeit dieses Zeitintervalls. Die Studien zu den neuen Impfstoffen hätte sich an Erfahrungswerten mit anderen Impfstoffen orientiert sowie dem Ziel, möglichst schnell einen maximalen Schutz für die Geimpften zu erreichen. In anderen Studien habe sich aber gezeigt, dass ein – längerer – Abstand von mindestens 21 Tagen für die Immunantwort des Körpers sogar der bessere sei, „weil sonst die erste Immunreaktion die zweite Immunreaktion blockiert“. Erfolge die zweite Impfung später als 21 Tage nach der ersten, könne theoretisch „die zweite Immunreaktion bei anderen Impfstoffen sogar fulminanter sein“, argumentiert die DGfI. Für die neue Generation von Impfstoffen, die im Zuge der COVID-19-Pandemie zum Tragen kommen, müsse dies in Studien freilich noch verifiziert werden.

„Möglichst schnell möglichst viele zu impfen, rettet Leben.“

„Bis diese Ergebnisse vorliegen, wäre angesichts der besonderen Pandemielage eine Flexibilität der zweiten Impfung für den Zeitraum von bis zu 60 Tagen nach der ersten Impfung vertretbar“, heißt es in der Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Die Fachgesellschaft plädiert dafür, die verfügbaren Impfdosen nicht für eine zweite Impfung zurückzuhalten, sondern für eine Erstimmunisierung von möglichst vielen Menschen der Risikogruppen zu verwenden. Die DGfI wörtlich: „Möglichst schnell möglichst viele Menschen in der COVID-19 Pandemie zu impfen, rettet Leben.“

Foto: AdobeStock/asdf

Hauptkategorie: Corona
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Infektionskrankheiten , Coronavirus , Impfen

Weitere Nachrichten zum Thema COVID-19-Impfungen

12.01.2021

Die Herstellung von COVID-19-Impfstoffen läuft auf Hochtouren. Trotzdem sind die Einzeldosen 14 Tage nach Start der Kampagne noch knapp – und dies wird noch eine Weile so bleiben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagt deshalb: Es wird verimpft, was da ist. Anders in Berlin: Hier will die Gesundheitssenatorin Impfwilligen die Freiheit einräumen, selbst zu wählen. Denn ein paar feine Unterschiede gibt es doch.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin