Immer mehr Mund-Rachen-Tumore durch HPV
Bei Tumoren in Mund und Rachen werden immer häufiger Humane Papillomviren nachgewiesen. Eine 2011 im "Journal of Clinical Oncology" veröffentlichte Studie aus den USA zeigt, dass sich zwischen 1984 und 2004 die Häufigkeit HPV-positiver Tumoren von Mund und Rachen in der amerikanischen Bevölkerung mehr als vervierfacht hat. Die Häufigkeit HPV-negativer Tumoren nahm dagegen ab, weil immer weniger Menschen rauchen und so der Einfluss "klassischer" Risikofaktoren zurückging. Die Forscher konnten in etwa 16 von 100 Proben aus den 1980er Jahren HPV nachweisen, nach 2000 fanden sich dagegen in etwa 72 von 100 Proben humane Papillomviren.
Jeder vierte Krebs in der Mundhöhle HPV-positiv
Bis vor einigen Jahren gingen Experten noch davon aus, dass vor allem erhöhter Alkohol- und Tabakkonsum Tumore im Kopf- Hals-Bereich auslösen. "Studien zeigen jedoch, dass - ähnlich wie beim Gebärmutterhalskrebs - Humane Papillomaviren auch diese Krebsart verursachen können", erläutert Professor Dr. med. Jens P. Klussmann, Direktor der Klinik für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie am Universitätsklinikum Giessen. "HPV löst wahrscheinlich jeden zweiten Krebs im Mundrachen und jeden vierten Tumor der Mundhöhle aus."
Auch für Deutschland rechnen HNO-Ärzte mit einer Verdopplung der Erkrankungsfälle bis zum Jahr 2020 und sprechen bereits von einer Virusepidemie, die Krebs auslösen kann. Die Ursache für die erhöhte Virusinfektion vermuten die Experten in einem veränderten Sexualverhalten mit besonderer Bedeutung oraler Sexualpraktiken. HPV-positive Tumoren treten Jens Klussmann zufolge eher bei jüngeren Männern auf und scheinen mit der Infektion als Auslöser und damit mit dem Sexualverhalten in Beziehung zu stehen. Insgesamt erkranken jedes Jahr rund 10.000 Männer und 3.800 Frauen an Tumoren in Mund und Rachen (RKI Krebs in Deutschland 2012).
HPV-Impfung könnte Krebsrisiko senken
Unterdessen gehen Experten davon aus, dass die HPV-Impfung das Risiko für Tumore in Mund und Rachen senken könnte. Noch liegen allerdings keine gesicherten Daten dazu vor. "Wir vermuten aber, dass in den geimpften Bevölkerungsgruppen auch andere HPV-induzierte Tumoren deutlich zurückgehen werden", sagt der HPV-Experte PD Dr. Andreas Kaufmann von der Charité Berlin. In Deutschland wird die HPV-Impfung derzeit für 12- bis 17-jährige Mädchen zum Schutz vor Gebärmutterhalskrebs und seiner Krebsvorstufen empfohlen. Anders in den USA: dort gilt die Impfempfehlung inzwischen auch für Jungen. Zugelassen ist der HPV-Impfstoff für beide Geschlechter ab einem Alter von neun Jahren.
*Die Wissenschaftler werteten Daten und Proben des Programms "Surveillance, Epidemiology and End Results (SEER)" des US-amerikanischen Krebsforschungszentrums (National Cancer Institute) aus.
Foto: obs/proDente e.V.