IGEL können durchaus nützlich sein
IGEL – schon das Wort impliziert, dass man hier aufpassen muss. Und Schlagzeilen wie „Das Geschäft mit der Angst“ verstärken den Eindruck, dass Ärzte hier etwas Unredliches verkaufen. Doch sind die in Arztpraxen angebotenen Selbstzahlerleistungen wirklich so schlecht, wie sie gemacht werden?
Schaut man sich den IGEL-Monitor an, könnte man das meinen. 37 IGEL-Leistungen wurden hier bewertet. Der überwiegende Teil kommt schlecht dabei weg oder hat keinen nachweisbaren Nutzen. Allerdings ist der IGEL-Katalog praktisch unendlich, 360 IGEL zählt allein die MEGO-Liste auf. Da erscheinen 37 überprüfte Leistungen mehr wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Außerdem muss bedacht werden, dass hinter dem Monitor der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) steckt – also die Krankenkassen. Und die betrachten IGEL-Leistungen generell als überflüssig – „sonst würden wir sie ja bezahlen“, heißt es dort.
Kritik am IGEL-Monitor
Bundesärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery hält die im Monitor ausgewählten IGEL für höchst problematisch. Es fehle an Transparenz, wie es zu dieser Auswahl komme, kritisierte er. So sind unter den 37 untersuchten IGEL-Leistungen etwa Sportuntersuchungen oder Atteste und Gutachten zu finden, die Versicherte aus privaten Gründen benötigen. Dass Ärzte damit Geld verdienen, kann man ihnen nicht zum Vorwurf machen, genauso wenig, wenn sich jemand eine Tätowierung entfernen lässt. Mit Nutzenbewertung einer medizinischen Leistung hat das herzlich wenig zu tun.
Andererseits hat selbst der IGEL-Monitor kürzlich eine nützliche Nicht-Kassenleistung aufgedeckt: die Stoßwellentherapie bei Fersenschmerz. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) prüft nun auf Wunsch des GKV-Spitzenverbands, ob diese Maßnahme zur Kassenleistung werden soll. Als tendenziell positiv bewertet der IGEL-Monitor außerdem die Lichttherapie bei Winterdepressionen und die Laser-Behandlung von Krampfadern.
IGEL können bei der Vorsorge helfen
Aber auch zahlreiche andere IGEL-Leistungen können durchaus sinnvoll sein, insbesondere im Bereich der Prävention. Wohl keiner würde einer Reiseimpfung widersprechen. Schließlich dient sie zum Schutz vor Infektionskrankheiten, obwohl die Kasse das nicht zahlt. Gleiches gilt für Vorsorgeuntersuchungen. Prävention hat zwar politisch höchste Priorität, Kassenpatienten haben jedoch nur alle zwei Jahre einen Anspruch auf einen Check-up beim Hausarzt. Wer sich öfter untersuchen lassen möchte, muss das aus eigener Tasche bezahlen. Außerdem enthält der Kassen-Check-up vieles nicht, was Privatpatienten zusteht, etwa ein EKG, eine Ultraschalluntersuchung der Organe oder eine Lungenfunktionsuntersuchung. Lediglich eine körperliche Untersuchung und ein kleines Blutbild sind vorgesehen. Kein Wunder, dass sich viele Patienten auf eigene Kosten mal ein großes Blutbild erstellen lassen oder eben selbst das EKG bezahlen.
Ebenso möchten viele Menschen ihre Blutgruppe wissen, was im Notfall lebenswichtig sein kann. Doch eine Blutgruppenbestimmung sieht der Leistungskatalog der Krankenkassen ebenfalls nicht vor. Auch Ernährungstipps bei Übergewicht oder Unterstützung bei der Raucherentwöhnung sind keine Kassenleistung – es sei denn, eine Kasse bietet dies ihren Versicherten freiwillig an. „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“, sagt das Sozialgesetzbuch. Etliche Präventionsmaßnahmen tun das aber offenbar – trotz Präventionsgesetz.
Beratung fürs IGELn
Freilich sind unter den IGEL-Angeboten tatsächlich ein paar fragwürdige Kandidaten, etwa die Kunsttherapie für Krebspatienten oder die Bachblütentherapie. Damit Patienten sich nicht blauäugig eine IGEL-Leistung aufschwatzen lassen, hat die Bundesärztekammer einen Ratgeber herausgegeben. Er heißt „Selbst zahlen“ und ist bei der Kammer kostenlos erhältlich.
Foto: © Dan Race - Fotolia.com