Hyposensibilisierung: Geht das noch in der Heuschnupfenzeit?
Die Augen tränen und jucken, die Nase läuft und kitzelt, manchmal fühlt es sich an, als würden 1.000 Ameisen auf einmal im Kopf herumkrabbeln: Immer mehr Menschen reagieren im Frühjahr auf Blütenpollen und leiden an den lästigen Symptomen des Heuschnupfens (fachsprachlich: saisonale allergische Rhinitis). Inzwischen sind bereits 20 Prozent der Erwachsenen und 13 Prozent der Kinder von einer Pollenallergie betroffen, heißt es beim Deutschen Berufsverband der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte. Bei manchen Patienten kommen asthmatische Beschwerden hinzu: eine allergiebedingte Verengung der Atemwege mit erhöhtem Atemwiderstand.
Akute Heuschnupfenprobleme: Antihistaminika helfen
Wenn die Symptome wie jetzt im Frühjahr unerträglich werden, weil etwa die von vielen gefürchteten Birkenpollen in der Luft unterwegs sind, braucht es Medikamente, die schnell und spürbar wirken. Antihistaminika sind hier das Mittel der Wahl: Das sind Arzneimittel, die die Wirkung des körpereigenen Botenstoffs Histamin abschwächen oder aufheben, der bei Abwehrreaktionen des Körpers eine Rolle spielt. Angeboten werden sie in Form von Tabletten, Augentropfen oder Nasensprays.
Langfristige Abhilfe: Die „Hyposensibilisierung“
Der zweite Weg, den Heuschnupfen erträglicher zu machen, ist die sogenannte Hyposensibilisierung. Bei dieser speziellen Form von Immuntherapie bekommen Patienten winzige Mengen der Substanz, auf die das Abwehrsystem übersensibel reagiert (beispielsweise aufbereiteter Blütenstaub), vom Arzt unter die Haut gespritzt. Zu Beginn der Hyposensibilisierung wird die Dosis langsam gesteigert. Auf diese Weise lernt der Körper, auf dieses bestimmte Allergen nicht mehr überschießend zu reagieren. „Es ist in etwa so, als würde man gegen die eigene Allergie ‚geimpft‘“, heißt es dazu in einer Patienteninformation des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
Ziel der Hyposensibilisierung: Allergiesymptome verschwinden komplett
Ziel dieser Therapiestrategie ist es, die Allergiesymptome mittel- und langfristig zumindest spürbar zu verringern. Eine Besserung von Niesreiz, verstopfter Nase, Augenjucken und -tränen ist schon im ersten Jahr möglich. Im besten Fall verschwinden die Allergiesymptome während der Behandlungsdauer komplett. Auch kann eine Hyposensibilisierung verhindern, dass sich aus einem bloßen Heuschnupfen im Laufe der Zeit im tieferen Teil der Atemwegeein allergisches Asthma entwickelt.
Hyposensibilisierung: Wirkt langfristig, braucht aber Zeit und Geduld
Diese auf eine langfristige und im Idealfall dauerhafte Wirkung angelegte Behandlungsform verlangt aber ihrerseits den Patienten Zeit und Geduld ab. Bis die Erhaltungsdosis erreicht ist, finden die Termine mit der Spritze wöchentlich, danach alle vier bis sechs Wochen statt. Die Dauer einer Hyposensibilisierung richtet sich danach, wie lange das Immunsystem beim einzelnen Patienten braucht, um sich an die bislang als schädlich empfundene Substanz zu gewöhnen. In der Regel dauert es aber mindestens zwei bis drei Jahre, bis die Behandlung ihre volle Wirkung zeigt.
Wie riskant ist ein Therapiebeginn in der Heuschnupfensaison?
Aber wann kann – oder sollte – so eine Hyposensibilisierungs-Therapie beginnen? Geht das auch jetzt, wo einen die Allergiesymptome schon plagen? Und wäre das überhaupt sinnvoll? „An sich sollte die Hyposensibilisierung einige Monate vor Beginn der jeweiligen Pollenflugsaison beginnen“, sagt Ludger Klimek, Präsident des Ärzteverbands der Deutschen Allergologen, im Patientenmagazin „Hausarzt". Als ideale Zeit dafür gilt Experten zufolge der Herbst. „Dann erhält der Betreffende genügend Extrakte mit Allergenen, sein Immunsystem kann sich optimal daran gewöhnen. Beginnt sie gleichzeitig mit der gefürchteten Heuschnupfensaison, könnte sie das Abwehrsystem vielleicht auch überfordern", erklärt der Allergologe aus Wiesbaden.
Dem Magazin Hausarzt zufolge sind inzwischen aber einige Wirkstoffe zugelassen, mit denen Mediziner schon während der Heuschnupfensaison mit der Immuntherapie starten können. Diese sogenannten depigmentierten Allergoide sind demnach speziell aufbereitet und belasten den Körper nicht. Sie machen zwar nicht beschwerdefrei, aber die Betreffenden brauchen deutlich weniger Medikamente. „So kann es sein, dass jemand nur noch Nasenspray, aber keine Tabletten mehr benötigt", erklärt Allergiearzt Klimek. Ob diese speziellen Präparate infrage kommen, sollte man am besten mit seinem Allergologen besprechen.