Hypersomnie: Körpereigenes Valium als Ursache?
Die relativ seltene primäre Hypersomnie, die mit einem verlängerten nächtlichen Schlaf und einer extremen Tagesschläfrigkeit einhergeht, hat entgegen der Annahme vieler Menschen nichts mit Narkolepsie oder den Schlafapnoe-Syndrom gemeinsam. Die Patienten leiden also nicht an plötzlichen Schlafattacken, und ihre Müdigkeit ist auch nicht die Folge eines nicht-erholsamen nächtlichen Schlafes. Menschen, die unter Hypersomnie leiden, sind einfach nur ständig müde.
Die Hypersomnie ist für Betroffene sehr quälend. Einige von ihnen schlafen jede Nacht zehn Stunden, ohne dass sie sich danach ausgeschlafen fühlen. Ihre Reaktionszeiten sind ähnlich wie bei übernächtigten Personen verlängert. Die Patienten selbst vergleichen ihr Gefühl am Tage mit dem Herumstochern im Nebel. Und auf andere Menschen wirken sie oft so, als stünden sie unter der ständigen Wirkung von Schlaftabletten.
Hypersomnie: Wirkung wie Valium
Bisher war die Ursache von Hypersomnie unbekannt. Doch nun fanden US-Forscher im Liquor der Patienten Hinweise auf eine peptidartige Substanz, deren Wirkung sich durch einen Benzodiazepin-Antagonisten aufheben ließ. Die Substanz weist in Experimenten eine Wirkungsweise wie ein körpereigenes Benzodiazepin auf. Ihre Ergebnisse veröffentlichen die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Science Translational Medicine.
Die Identität des körpereigenen Valiums konnte zwar bisher nicht geklärt werden. Studienleiter David Rye von der Emory University School of Medicine in Atlanta im US-Staat Georgia vermutet jedoch ein Peptidhormon vergleichbar mit Oxytocin oder Hypocretin, die jedoch beide als Auslöser ausgeschlossen werden konnten.
Für die Existenz des körpereigenen Benzodiazepins spricht auch die gute Wirkung, die Rye bei seinen Patienten mit dem Wirkstoff Flumazenil erzielte, das an der Benzodiazepin-Bindungsstelle bestimmter GABA-Rezeptoren andockt. Bei sieben Patienten konnte Rye die übermäßige Müdigkeit durch die Therapie mit Flumazenil beheben sowie ihre Reaktionszeit verbessern. Allerdings wirkt Flumazenil nur für kurze Zeit. Tabletten mit einer verzögerten Wirkstofffreisetzung oder Cremes, die den Wirkstoff langsam über die Haut in den Körper eindringen lassen, könnten Abhilfe schaffen. Rye führt derzeit entsprechende Experimente durch.
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