Hygiene-Experte: Das neue Infektionsschutzgesetz wirkt – langsam
„Das neue Hygienegesetz erhöht die Verantwortung aller Beteiligten“, sagte Kramer bei einer Veranstaltung der Verbände der Klinikdirektoren und der Diagnostikaindustrie VKD und VDGH in Berlin. „Bezüglich Struktur- und Prozessqualität hat es sehr viel gebracht. Ein Einfluss auf die Infektionsraten lässt sich jedoch noch nicht nachweisen“, so Kramers Fazit.
Mehr Transparenz über Krankenhauskeime
Positive Effekte sieht der Hygieneexperte vor allem für die Transparenz über sogenannte Klinikinfektionen. Er begrüßt, dass Kliniken nun bundesweit einheitlich und verpflichtet sind, sogenannte Ausbrüche – also das gehäufte Auftreten von Infektionen – innerhalb weniger Tage an die Aufsichtsbehörden und das Robert-Koch-Institut zu melden. Positiv bewertet Kramer auch, dass die Anforderungen an Kliniken in Sachen Raumausstattung und Betrieb bei Infektionen in allen Ländern klar geregelt seien. Zudem haben nach seinen Angaben die meisten Bundesländer auch die Kann-Bestimmungen des Gesetzes umgesetzt. Sie sehen unter anderem vor, dass nicht nur Krankenhäuser, sondern auch Arzt- und Zahnarztpraxen durch die Gesundheitsämter überwacht werden und Hygienepläne vorhalten müssen. Hinter dem Zeitplan sei allerdings die Entwicklung der Hygieneindikatoren. Sie sollte dem Gesetz entsprechend bis Ende 2013 abgeschlossen sein. „Das ist ein Prozess“, sagte Kramer.
Zu wenig Ärzte für Klinikhygiene
Probleme mit dem Zeitplan wird es Kramer zufolge auch bei der im Gesetz angestrebten Aufstockung des Hygienepersonals in Krankenhäusern geben. Bis 2016 sollen Krankenhäuser mit mehr als 400 Betten mindestens einen Krankenhaushygieniker vorhalten. „Das wird nicht zu schaffen sein“, sagte Kramer. Nach seinen Angaben gibt es derzeit 70 Prozent weniger Ärzte mit dieser Qualifikation als bis 2016 gebraucht würden. Selbst mit der neuen beschleunigten Fortbildung zum Klinikhygieniker werde es bis 2016 nicht genug qualifizierte Ärzte geben.
Dagegen zeigte sich Kramer positiv überrascht, dass die Stellen für Hygienefachkräfte problemlos zu besetzen seien. Er wies allerdings auch darauf hin, dass die entsprechend fortgebildeten Pflegekräfte nachher in der Pflege fehlen. Eine wichtige Funktion misst er auch den Hygienebeauftragten in der Pflege zu. „Da kann man sehr viel erreichen“, sagte Kramer.
MRSA-Screening ist gefordert
Der Hygieneexperte warb für den weiteren Ausbau der Händehygiene. Hier beobachtet die Initiative KISS zwar einen Anstieg des Desinfektionsmittelsverbrauchs. Das absolute Niveau ist jedoch Kramer zufolge immer noch zu gering. Nach seinen Angaben desinfizieren sich Ärzte und Pflegekräfte im Durchschnitt dreimal am Tag die Hände. Kramer plädierte zudem für den breiten Einsatz von Screenings von Klinikpatienten auf den Multiresistenten Staphylococcus Aureus (MRSA). Das sei ökonomisch und ethisch angebracht. „Entscheidend ist, dass die schweren Infektionen zurückgehen“, sagte der Hygieneexperte.
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