Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Hüftgelenk-OP: Für den Langzeiterfolg ist Implantat-Modell wichtiger als OP-Methode

Montag, 26. November 2018 – Autor:
Für den Langzeiterfolg einer Hüftgelenk-OP spielt das Implantat-Modell eine größere Rolle als die OP-Methode, berichten Experten. Zur gleichen Zeit sorgt ein Bericht über defekte Implantate für Beunruhigung: Nach Recherchen sterben daran immer mehr Menschen.
Künstliche Hüfte, künstliche hüftgelenk, endoprothese

Im Zweifel nicht minimalinvasiv operieren: Die Wahl des geeigneten Implantat-Modell ist für den Erfolg der Hüftgelenk-OP wichtiger – Foto: ©pixelfreund - stock.adobe.com

Für den Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks wünschen sich viele Patienten eine minimalinvasive Operation: ein Eingriff, der kleinstmögliche Schnitte in Haut und Weichteilen vorsieht. Tatsächlich belegen bislang vorliegende Studien Vorteile, vor allem in den ersten sechs Wochen nach der Operation.

Durch das Schonen von Muskeln, Sehnen und nervalen Strukturen leiden die Patienten weniger an Schmerzen und Bewegungseinschränkungen und kommen dadurch schneller wieder auf die Beine. Doch für den Langzeiterfolg spielt die Wahl des richtigen Implantatmodells eine größere Rolle als die OP-Methode. Darauf weist die AE Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik in einer Pressemitteilung hin.

Nicht jeder Patient für minimalinvasive OP geeignet

Dazu kommt: Die minimalinvasive Hüft-OP ist nicht für jeden Patienten geeignet: "Die Hüftgelenksgeometrie muss passen, der Patient sollte nicht zu kräftig bemuskelt und auch nicht zu adipös sein", erläutert Prof. Dieter C. Wirtz, Mitglied des AE-Präsidiums.

Zudem kommen, je nach den individuellen Voraussetzungen des Patienten, unterschiedlich geformte Prothesenmodelle zum Einsatz. Nicht alle von ihnen können durch einen minimalinvasiven Zugang - und mit der damit verbundenen eingeschränkten Sicht - implantiert werden.

Hüftgelenk-OP: Natürliche Lücken zwischen Muskeln genutzt

"Die einzelnen Operationsschritte mit der notwendigen Sorgfalt durchführen zu können, hat immer Vorrang", betont Wirtz, Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Bonn.

Bei der minimalinvasiven OP nutzen Operateure die natürlichen Lücken zwischen den Muskeln, um zum Hüftgelenk zu gelangen: "Wir schieben Muskeln, Sehnen, Gefäße und Nerven weitest möglich zur Seite, anstatt sie, wie sonst üblich, zu durchtrennen und nachher wieder zu vernähen", erläutert Wirtz.

Bleiben Mechanorezeptoren intakt, kann Reha früher starten

Dies schone auch wichtige Nervenrezeptoren, die am Sehnen-Knochen- sowie am Sehnen-Muskel-Übergang sitzen. "Die sogenannten Mechanorezeptoren sorgen für die Tiefensensibilität und damit für Gangstabilität und Gleichgewichtsgefühl", so Wirtz. "Bleiben diese Strukturen bei der Prothesenimplantation intakt, können die Patienten nach dem Eingriff früher mit ihrer Rehabilitation beginnen."

Nach spätestens einem Jahr jedoch zeigen Untersuchungen keine Unterschiede mehr zwischen dem minimal-invasiven und dem klassischen, offenem Eingriff. Daher gilt: Bei allen Patienten, bei denen aufgrund ihrer individuellen Voraussetzungen ein minimalinvasiver und damit muskelschonender Zugang gewählt werden könne, sollte dieser auch angewendet werden, so der Orthopäde.

Hüftgelenk-OP: Für Langzeiterfolg Implantatmodell wichtiger

Übergeordnetes Ziel bei der Hüftgelenk-OP sei aber der Langzeiterfolg - und da ist das Implantatmodell wichtiger als die OP-Methode. Wo dieser eher mittels eines klassischen Zugangs gewährleistet sei, empfiehlt Wirtz, diesen vorzuziehen. Und ganz gleich, ob klassisch oder minimalinvasiv operiert werde: "Das Ziel eines jeden Operateurs sollte es sein, so gewebeschonend wie möglich zu operieren", bekräftigt Wirtz.

Währenddessen sorgt eine Recherche unter Beteiligung der Süddeutschen Zeitung, des NDR und des WDR für Beunruhigung: Danach werden weltweit immer mehr Tote und Verletzte im Zusammenhang mit fehlerhaften Medizinprodukten wie Implantaten und Prothesen gemeldet. In Deutschland habe sich die Zahl der Vorkommnisse in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht, in den USA sogar verfünffacht.

"Implant Files": Prüfer lassen kaum getestete Implantate zu

In der Recherche wird vor allem die Art der Zulassung von Implantaten bemängelt. Medizinprodukte benötigen hierzulande lediglich ein CE-Zertifikat von einer Prüfstelle wie TÜV oder Dekra. Die Hersteller dürften sich aussuchen, von welcher Stelle sie sich zertifizieren lassen und zahlten für den Dienst. Klinische Studien seien nicht nötig. Das Zertifizierungssystem sei lasch und extrem fehleranfällig, heißt es weiter in den "Implant Files".

Oft würden Geräte implantiert, die kaum oder gar nicht getestet wurden. Die meisten Studien würden von der Industrie finanziert. Wenn etwas schieflaufe, erfahren Patienten davon oftmals nichts. Die Behörden würden in den seltensten Fällen tätig - und die Medizinprodukte-Lobby blockiere jegliche Veränderung, so die Autoren.

Foto: pixelfreund/fotolia.com

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Hüftgelenk

Weitere Nachrichten zum Thema Hüftgelenk-OP

25.11.2016

Wie lange hält ein künstliches Hüftgelenk? Das wollten Forscher der Mayo Clinic in Rochester wissen. Sie werteten über 40 Jahre Daten von Patienten aus, denen um 1970 eine Metall-Polyethylen-Prothese eingesetzt wurde.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin