Hoher Vitamin-B12-Spiegel erhöht das Sterberisiko

Ein hoher Vitamin-B12-Spiegel kann ein Gesundheitsrisiko darstellen – Foto: Aleksandr Grechanyuk
In einer Langzeit-Studie von Wissenschaftlern aus Groningen war eine hoher Vitamin-B12-Spiegel mit einer erhöhten Sterberate verknüpft. Das berichtet die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE).
Für die Studie, die im Fachmagazin JAMA erschien, wurden die Patientendaten von 5.571 Personen aus der Prevention of Renal and Vascular End-stage Disease Study (PREVEND) ausgewertet. Die Beobachtungszeit betrug acht Jahre. Männer und Frauen waren gleich verteilt, das mittlere Alter betrug 53 Jahre.
Hoher Vitamin-B12-Spiegel erhöht das Sterberisiko
Am Ende der acht Jahre waren 226 Menschen gestorben. Diejenigen, die die höchsten Vitamin-B12-Werte im Blutplasma aufwiesen, hatten eine um 73 Prozent erhöhte Wahrscheinlichkeit zu dieser Gruppe zu gehören als diejenigen, die die niedrigsten Plasma-B12-Werte aufwiesen. Ein hoher Vitamin-B12-Spiegel erhöht also das Sterberisiko.
Nach dem Herausrechnen von Risikofaktoren wie Alter, Bluthochdruck und Marker für Nierenerkrankungen lag das Risiko immer noch um 25 Prozent höher. Das berichtet DGE-Experte Prof. Helmut Schatz. Die Studienautoren weisen aber darauf hin, dass erhöhte B12-Spiegel auf Leberschäden oder chronische Nierenerkrankungen hinweisen können, und somit eher die Auswirkung einer bestehenden Krankheit als deren Ursache wären. Dennoch warnen sie vor Nahrungsergänzungsmitteln, wenn kein bestätigter Mangel vorliegt.
Vitamin B12 und Alzheimer
Die bisherige Studienlage ist uneindeutig. Einige Studien legen nahe, dass niedrige Vitamin-B12-Spiegel mit der Alzheimer-Demenz assoziiert sind, während andere Studien diese Behauptung widerlegen. In klinischen Studien konnten B12-Präparate den kognitiven Rückgang bei gesunden Menschen nicht verhindern oder bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz verlangsamen.
Eine zweijährige klinische Studie berichtete über eine geringere Degeneration in Alzheimer-Demenz-anfälligen Hirnregionen bei Menschen mit einem hohen Homocysteinspiegel im Plasma mit einer Kombination von B-Vitaminen. Andere Studien haben jedoch eine höhere Mortalität bei älteren und hospitalisierten Patienten mit einem hohen Vitamin-B12-Spiegel im Blut festgestellt.
Hinweise für negative Wirkungen
Es gibt weitere Hinweise für negative Wirkungen höherer Vitamin-B-12-Spiegel: So fand man etwa eine höhere Gesamtmortalitätsrate von Dialysepatienten bei höheren B12-Spiegeln, so Schatz.
Die DGE berichtete vor knapp einem Jahr über eine Kohorte aus der prospektiven Nurses’ Health Study: Von 75.864 postmenopausalen, weißen Krankenschwestern kam es in drei Jahrzehnten bei 3 Prozent zu einer Schenkelhalsfraktur. Die Fraktur-Patientinnen hatten im Mittel 12.1 µg/Tag Vitamin B12 zu sich genommen, also wesentlich mehr als die in den USA empfohlene Tagesdosis von 2.4 µg/Tag. In der Europäischen Union liegt die empfohlene Dosis bei 2.5 µg/Tag).
Frakturrisiko auch durch B6-Einnahme erhöht
Das Frakturrisiko nahm im Vergleich der Krankenschwestern mit niedriger B12-Einnahme (<5 µg/Tag) mit denen mit hoher Zufuhr (>30 µg/Tag) um 25 Prozent zu. Ähnliches beobachtete man auch bei erhöhter B6-Einnahme der Krankenschwestern, bei kombinierter Zufuhr von B6 und B12 war dieses Risiko sogar um fast 50 Prozent gesteigert.
Fazit von Prof. Schatz: Vitamin B12 und überhaupt Vitamine jeglicher Art soll man nur bei Symptomen (B12 etwa bei hyperchromer Anämie) plus nachgewiesenem Mangel zuführen (abgesehen von den etablierten Indikationen wie Rachitisprophylaxe). Dies gilt auch für die frei verkäuflichen Nahrungsergänzungsmittel, welche rechtlich als Lebensmittel und nicht als Heilmittel eingestuft sind und deren Zusammensetzung nur anzuzeigen ist, ohne Nachweispflicht von Wirksamkeit und Sicherheit. Sie sind laut Schatz auch nicht selten durch - sogar nicht zugelassene - Medikamente verfälscht, die nicht angegeben werden.
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