Hohe Auslastung von Krankenhäusern – erhöhte Sterblichkeit bei Patienten

Auslastungsschwankungen bei Krankenhäusern wirken sich auf die Sterblichkeits- beziehungsweise Überlebensrate von Patienten aus, besagt eine Studie aus der Schweiz. – Foto: AOK-Mediendienst
Solange Krankenhäuser Betten frei haben und Patienten aufnehmen können, ist alles im grünen Bereich – könnte man meinen. Eine Studie der Universität Basel in der Schweiz zeigt jetzt: Das Risiko für Patienten, während ihres Krankenhausaufenthalts zu Tode zu kommen, steigt schon dann spürbar an, wenn rechnerisch noch Kapazitäten frei sind, das Krankenhaus aber – gemessen an seiner Leistungsfähigkeit – (zu) stark ausgelastet ist. Die Forscher sehen einen klaren Zusammenhang zwischen Bettenauslastung und Sterblichkeitsrate beziehungsweise Patientensicherheit.
Erhöhtes Sterberisiko: In manchen Kliniken schon bei 42 Prozent Auslastung
Die Auslastungsgrenze, ab der das Mortalitätsrisiko in einem Krankenhaus zunimmt, ist in jeder Einrichtung individuell hoch. Im günstigsten Fall der in der Studie berücksichtigten Krankenhäuser begann der kritische Wert erst bei einer Bettenbelegung von 95 Prozent. Im ungünstigsten Fall stieg das Sterberisiko schon an, wenn das Krankenhaus mit 42 Prozent nicht einmal zur Hälfte belegt war.
Sterberisiko steigt um 2 Prozent pro Liegetag
Liegt die Bettenbelegung über diesem Auslastungswert, steigt das Sterberisiko der Studie zufolge um rund 2 Prozent pro Tag an. Bei zwei beziehungsweise drei weiteren Tagen mit überhöhter Kapazitätsauslastung steigt die Wahrscheinlichkeit einer 14-tägigen Sterblichkeit im Krankenhaus um 3,2 beziehungsweise 4,9 Prozent.
Gründe für eine zunehmende Sterblichkeit
Folgende Gründe für die zunehmende Sterblichkeit bei hoher Auslastung machen die Schweizer Wissenschaftler aus:
- bestimmte Behandlungen werden erst mit Verzögerung durchgeführt – oder gar nicht,
- egal, wie sehr die Zahl der Patienten schwankt – die Anzahl von Ärzten und Pflegekräften bleibt immer relativ konstant.
Diese Faktoren haben Einfluss auf die Sterblichkeit
Der Zusammenhang von Bettenauslastung und Sterblichkeitsrate ist der Studie zufolge vielschichtig. Zu berücksichtigen sind neben der Auslastung der Betten auch die folgenden:
- Patientenfluktuation innerhalb des Krankenhauses,
- der durchschnittliche Schweregrad der Erkrankung der Patienten, die am jeweiligen Tag aufgenommen wurden,
- das individuelles Risiko zu versterben,
- Begleiterkrankungen,
- Alter und Geschlecht der Patienten,
- Wochentag – Wochenende, sowie der
- Krankenhaustyp.
Gut für Patienten: Große Kliniken – und gleichmäßig ausgelastete
Zu unterscheiden von der situativen Bettenauslastung – die erheblich schwanken kann – ist die durchschnittliche übers Jahr. Denn je konstanter Krankenhäuser übers Jahr ausgelastet sind, desto höher liegt der Schweizer Studie zufolge auch der Schwellenwert, ab dem es kritisch wird. Hier spielt die Größenklasse des einzelnen Krankenhauses offenbar eine entscheidende Rolle. Bei kleinen Krankenhäuser beginnt es demnach viel früher kritisch zu werden – nämlich ab einem Wert von 60 Prozent – bei großen dagegen erst bei etwa 90 Prozent.
„Bei einer niederen durchschnittlichen Auslastung kann es zu stärkeren Schwankungen kommen“, heißt es in einer Mitteilung der Universität Basel. „Diese stark schwankenden Bettenauslastungen führen dazu, dass der Schwellenwert, ab dem die Mortalität steigt, niedriger ist und damit schneller erreicht wird.“ Das Fazit der Forscher: Die Kapazitätsgrenze, ab der es gefährlich wird, ist bei kleineren Krankenhäusern deutlich früher erreicht, als es bei großen der Fall ist. Und sie steigt teilweise deutlich, bevor die volle Bettenkapazität erreicht ist.
Lösungsansätze: Kleinere Häuser zusammenlegen, Kooperation verstärken
Lösungsvorschlag des Forscherteams um Michael Simon am Institut für Pflegewissenschaft der Medizinischen Fakultät der Universität Basel: Auslastungsschwankungen verringern, Krankenhäuser angemessen mit Personal ausstatten. Die Lösungen sehen die Wissenschaftler vor allem auf politischer Ebene. „Viele kleine Einheiten sind nur schwierig effizient zu betreiben“, sagt Simon, der aus Deutschland stammt, ursprünglich gelernter Krankenpflege war und an der Universität Wuppertal seinen Doktor machte. „Eine Bündelung der Kliniken oder eine engere Zusammenarbeit zwischen den Kliniken führt zu weniger Schwankungen und reduziert damit das Risiko.“